Alles begann im Frühjahr 2023 – nach einer Ausstellung im erfurtkultur-Laden ergaben sich für Angelika Gieron zahlreiche weitere Ausstellungsmöglichkeiten und schließlich der Schritt in die Selbstständigkeit als Künstlerin. Der Gedanke an einen kreativen Begegnungsort, einen „Safe Space“ für Kreative jeden Alters, ließ die gebürtige Hannoveranerin nicht los. Aus diesem Grund setzte sie alles auf eine Karte und beschloss, das STUDIO ROSIE ins Leben zu rufen, das am 10. August feierlich in der Bodestraße 8 eröffnet wird. Wir haben die umtriebige Kreativschaffende noch vor dem Opening im Studio getroffen und spannende Einblicke in das Konzept hinter dem Space, ihre Entwicklung als Künstlerin und in ihre Träume bezüglich der kreativen Mitgestaltung der Landeshauptstadt erhalten.
Fotos: Herr und Frau Nolle
Freudig strahlend begrüßt uns Angelika, die lieber Anni genannt werden will, in ihrem rosa leuchtenden Studio in der Bodestraße 8. In Folie verpackte Leinwände lehnen an der Wand, durch die man orange schimmernde Kunstwerke erahnen kann. “Ich habe nach einem größeren Atelier für meine Workshops gesucht und hatte schon länger die Idee, einen kreativen Raum zu schaffen. Mir fehlte jedoch der passende Ort. Bei meiner Suche nach einem neuen Studio bin ich auf dieses Ladenlokal gestoßen”, erzählt sie, während sie uns durch den großzügig geschnittenen Raum führt, der genügend Platz zum Kreativwerden für größere Gruppen bietet. “Ich freue mich total darauf, diesen Ort bald mit anderen kreativen Menschen teilen zu können. Hier möchte ich arbeiten, meine Kurse geben und einen Creative Coworking Space entstehen lassen”, verrät uns Anni und zeigt auf die Sitzhocker, die sich an der Fensterfront nebeneinander reihen. “In meinem Studio möchte ich einen kreativen Raum für alle aus der Kreativbranche anbieten – egal ob Texter:innen, Autor:innen, Musiker:innen oder Akteur:innen anderer Teilmärkte und Bereiche. Sie sollen sich hier austauschen und zusammenarbeiten können sowie eine inspirierende Atmosphäre finden, in der sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen und voller Inspiration die eigenen Projekte vorantreiben können.” Auch Teams können sich in Zukunft im STUDIO ROSIE einmieten und gemeinsam brainstormen.
Erstaunt hören wir zu und schreiben fleißig mit, was Anni erzählt. Man könnte fast meinen, die Kreative wäre schon viele Jahre selbstständig, schraube schon lange an dem ausgefeilten Konzept des “Creative Safe Space”, wie sie ihn selbst nennt. Also fragen wir zunächst nach den Anfängen ihrer künstlerischen Laufbahn.
Von der Wirtschaftspsychologie zur Kunst: Annis unerwarteter Werdegang
“Ich hätte mir das nie erträumen lassen, als ich 2012 mit meiner Familie nach Erfurt gezogen bin, das ich irgendwann in diesem Laden stehe”, erinnert sich die Künstlerin. Lange arbeitete sie nach ihrem Studium der Wirtschaftspsychologie im Personalbereich in großen Konzernen und bei Start-ups. “Während meiner Zeit in diesem Bereich habe ich Trainings mit Mitarbeiter:innen durchgeführt. Es hat mir immer am meisten Spaß gemacht, direkt mit den Menschen zu arbeiten und sie zu unterstützen. Doch dann kam eine längere Auszeit und ich stand vor der Frage: Wie geht es jetzt für mich weiter? In dieser Phase des Lebensumbruchs habe ich wieder angefangen, zu malen. Das war mein Ausgleich.” Kontakt zur Kunst hatte Anni zuletzt in ihrer Schulzeit. In einer kleinen Vorstadtbibliothek in ihrer Heimat veranstaltete sie Manga-Malworkshops mit Grundschulkindern. In ihrer Auszeit viele Jahre später und mittlerweile als Mutter von zwei Töchtern, entdeckte sie die Kreativität wieder und die Acrylmalerei mit Aquarelleffekten für sich. “Die minimalistischen und fluiden Techniken dieser Stilrichtung zogen mich sofort in den Bann. Ich malte bald jeden Tag und verfeinerte meine Fertigkeiten. Beispielsweise bespanne ich nun auch selbst meine Leinwände mit Naturleinen”, resümiert Anni, während sie uns Kaffee und Schokoriegel auf den Tisch stellt.
Ihre ersten größeren Arbeiten stellte sie schließlich an der Kunstwand im erfurtkultur-Laden aus. Der Beginn einer steilen Entwicklung, wie Anni jetzt, ein Jahr später und wenige Tage vor der Eröffnung ihres ersten Studios, stolz feststellt. “Der erfurtkultur-Laden ist klein, aber meine erste Ausstellung war total schön. Innerhalb von drei Monaten konnte ich sieben Bilder verkaufen. Der Laden hat mir viele Türen geöffnet und ich bin der Organisatorin und Kulturlotsin Theresa Kroemer und ihrem Team sehr dankbar für diese Möglichkeit. Ohne sie wäre ich jetzt nicht an diesem Punkt.”
Vom Wohnzimmerboden zum eigenen Studio: Der inspirierende Aufstieg von STUDIO ROSIE
Im August vergangenen Jahres wagte Anni daraufhin einen entscheidenden Schritt für ihre künstlerische Karriere: sie mietete eine Atelierfläche im Studio der Erfurter Designerin Frieda Fröhlich im Kombinat an. “Endlich konnte ich meine Arbeit vom Wohnzimmerboden in einen professionellen Raum verlegen”, lacht die Malerin, die Anfang diesen Jahres ihren ersten Workshop für befreundete Kreative aus ihrer wachsenden Instagram-Community angeboten hat. “Der erste Workshop war ein voller Erfolg: Innerhalb kürzester Zeit fanden sich viele begeisterte Teilnehmer:innen, die sich für mein kreatives Angebot interessierten. Den ganzen Tag über malten wir zusammen – eine Erfahrung, die einfach nur unglaublich erfüllend war.” Seitdem bietet Anni regelmäßig Kunst-Workshops an, in denen sie ihre Leidenschaft für die Malerei mit anderen teilt. “Bei den Workshops kommen alle Dinge, die ich liebe, zusammen: das Coaching der Menschen, um ihre Stärken noch mehr zu fördern, die psychologischen Komponenten aus meinem Studium und meine Liebe zur Kunst. Ich merkte aber schnell, dass ich mich räumlich bald noch einmal weiterentwickeln wollte. Die Fläche im Kombinat wurde zu klein für Veranstaltungen und ich dachte mir: Ich brauche einen eigenen Raum. Mit STUDIO ROSIE kann ich nun endlich meinen Werdegang zur Kunst weiter vorantreiben, mehr Menschen an meinen Workshops teilhaben lassen und vor allem einen Ort für die kreative Landschaft der Stadt anbieten, an dem alle willkommen sind und kreativ werden können – egal ob Anfänger:innen oder Profis.”
“Ich möchte einen Ort schaffen, an dem es klar ist, dass ich hierher gehe, weil ich kreativ sein möchte. Ähnlich wie man ins Fitnessstudio geht, um Sport zu treiben, möchte ich ein Studio schaffen, in dem Menschen ihren Weg zur Kunst verfolgen können”
“Ich liebe es hier in Erfurt – ein kleines Juwel mit facettenreicher Kulturszene. Im Gegensatz zu einer schnelllebigen Stadt wie Berlin fühle ich mich hier als Teil einer besonderen Gemeinschaft von Kreativen, in der jede:r eine Stimme hat. In Erfurt kann man Ideen frei ausdrücken und sich von anderen inspirieren lassen”
Stadtgestaltung durch Sichtbarkeit für die junge kreative Szene in Erfurt
“Kreative Hubs wie diese, aber auch der erfurtkultur-Laden oder die Künstlerwerkstätten sowie niedrigschwellige Kreativangebote sind entscheidend für eine lebendige Stadtgestaltung und Weiterentwicklung Erfurts als Zentrum für Kunst und Kultur”, erklärt uns die Wahl-Erfurterin, während ihr Blick durch das Studio schweift und an den vielen weißen Wänden hängen bleibt, die bald mit ihrer Kunst, aber auch mit der Kunst anderer Künstler:innen der Stadt gefüllt sein werden. „Für viele Kunstschaffende ist es wichtig, dass sie Räume zu günstigen Preisen nutzen können, um ihre Leidenschaft auszuleben“, betont sie. “Solche Räume bieten nicht nur die Infrastruktur, um neue Ideen zu entwickeln, sondern auch die Gelegenheit, die eigene künstlerische Vision zu verwirklichen. Gerade für Einsteiger:innen kann der Start oft überfordernd sein“, sagt sie und denkt an ihre eigenen Anfänge als Künstlerin zurück. Um Erfahrungen auszutauschen und um den Schritt in die Selbstständigkeit zu erleichtern, plant Anni einen Kreativstammtisch, der sich regelmäßig im Studio zusammenfinden wird. “Hier in Erfurt gibt es eine lebhafte Kulturszene, die von der Förderung kreativer Räume und Studios profitiert. Aber auch für Studierende der nahegelegenen Fachhochschule und Neuankömmlinge in Erfurt sind solche Orte von unschätzbarem Wert. Junge Menschen haben dort die Möglichkeit, ihre künstlerischen Fähigkeiten weiterzuentwickeln und sich mit der Kreativszene bei abendlichen Networkingevents zu vernetzen“, erklärt sie. „In diesem Kiez ist noch Luft nach oben, was solche Räume betrifft. Mit dem Coworking Café Kräm Fresh ist ein toller Anfang gemacht worden, den ich mit dem STUDIO ROSIE erweitern möchte.”
Der (Alb-)Traum vom eigenen Studio?
“Mir war von Anfang an bewusst, dass es mit einigen Herausforderungen verbunden sein wird, ein eigenes Studio zu eröffnen. Doch ich ließ mich von Rückschlägen nicht entmutigen. Ich wusste, dass dieses Projekt Zeit, Nerven und Geld kosten würde, aber ich ging mit offenen Augen und entspannter Haltung an alles heran. Jede Herausforderung sah ich als Chance, das Beste aus der Situation zu machen. Klar gab es auch Momente, in denen ich mich fragte, was ich da eigentlich mache, aber die Motivation hinter meiner Arbeit war immer größer als die Zweifel. Als kreativer Mensch ist es das, was mich auszeichnet – die Fähigkeit, aus Kleinigkeiten ein großes Ganzes zu schaffen”, sagt sie mit einem Lächeln. Für Anni bedeutet Kreativität nicht, alles minutiös zu planen oder strikte Prioritäten zu setzen. Vielmehr geht es darum, das Beste aus dem vorhandenen Material zu machen und den Moment zu genießen. „Es ist unglaublich befreiend, sich von der eigenen Begeisterung leiten zu lassen und sich Ziele zu setzen, auf die man wirklich Lust hat“, erklärt sie. Dieser Ansatz erlaubt es ihr, authentisch und sich selbst treu zu bleiben. “Es ist viel schöner, Dinge zu tun, die mich wirklich erfüllen, anstatt nur den Erwartungen anderer zu entsprechen.” Diese Philosophie begleitet Anni bei jedem Pinselstrich und jeder kreativen Entscheidung, die sie trifft. So wurde es für sie auch möglich, einen Raum zu schaffen, der weit über die physischen Grenzen ihres Studios hinausreichen soll. “Ich möchte, dass das Studio zu einer Institution wird, zu einer Marke, zu einem Namen, der mit Kreativität verbunden wird. Ich wünsche mir, dass viele Menschen hierher kommen werden und den Ort beleben, ihren kreativen Fußabdruck hier hinterlassen und außerhalb des Studios weiter ihren Weg gehen. Der Raum soll sich gemeinsam mit den Nutzer:innen weiterentwickeln und wachsen. Das STUDIO ROSIE ist mein absolutes Herzensprojekt und es erfüllt mich mit Glück, wenn dieser Ort anderen Inspiration, Mut, Schaffenskraft und Kreativität verleiht.”
Kontakt
STUDIO ROSIE
Angelika Gieron
Bodestraße 8, 99085 Erfurt
www.studio-rosie.de
Mail: info@studio-rosie.de
Instagram: @_studio_rosie
Termine 2024
10.08. – Eröffnungsfeier
30.08. – Workshop „Abstrakte Kunst“
19.10. – Herbstmarkt
07. & 08.12. – Adventsmarkt
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