Die Mode vergangener Zeiten ins Jetzt transferiert

Im Interview mit Modedesignerin Sophie Schumann

In der Idylle des Thüringer Waldes hat sich Modedesignerin Sophie Schumann ihren langgehegten Traum erfüllt: In ihrem Atelier entstehen in liebevoller Handarbeit Kleidung und Accessoires im Stil der 40er und 50er Jahre mit modernem Twist. Wann ihre Leidenschaft fürs Nähen entfachte, wie sich ihr Weg in die Selbstständigkeit gestaltete und warum es ihr der Stil vergangener Zeiten so angetan hat, verriet sie uns im Interview.

Foto: Fotoloft Erfurt.

Sophie, wie bist du zur Selbstständigkeit gekommen?

Eigentlich bin ich gelernte Bürokauffrau. Das wollte ich aber nie wirklich werden. Seit ich 17 bin, habe ich mir das Nähen Stück für Stück selbst beigebracht und meine Leidenschaft für das Handwerk entdeckt. Als ich mich entscheiden musste, was ich beruflich machen möchte, hatte ich sogar eine Zusage für eine Schneider:innenlehre. Da ich aber bis dato nur aus Spaß ein bisschen genäht hatte, war ich zunächst überfordert von der Idee, mich dem Nähen hauptberuflich zu widmen und dachte, das kriege ich im Leben nicht hin. Also habe ich die Ausbildung abgesagt und mich für den vermeintlich ‚sicheren Berufsweg’ im Büro entschieden. Das Nähen und der Gedanke, dass ich irgendwann mal damit mein Geld verdienen möchte, ließen mich trotzdem nicht los. Als in Gotha ein neuer Stoffladen eröffnet wurde, sah ich die Chance, meinem Traum beruflich einen Schritt näherzukommen und bewarb mich dort als Verkäuferin. Dreieinhalb Jahre war ich täglich von den tollen Stoffen umgeben, die mich inspirierten, immer mehr für mich selbst zu nähen. Über meinen Instagram-Kanal teilte ich meine Arbeiten und bekam dadurch zunehmend Anfragen von interessierten Kund:innen. Ich begann, im Nebengewerbe selbstgenähte Täschchen, Tücher und andere Kleinigkeiten zu verkaufen. In dieser Zeit habe ich richtig zur Mode gefunden und meine Nähfertigkeiten verfeinert, sodass ich 2020 meinen Angestelltenjob kündigte, den Schritt in die Selbstständigkeit wagte und mein Label ‚Die Landgräfin‘ gründete.

Warum haben es dir die 40er und 50er Jahre so angetan?

Ehrlich gesagt hatte ich immer Probleme, Sachen zu finden, die mir richtig gut passten und mich auf die Art und Weise kleideten, wie ich mich zeigen wollte. Ich war viel auf Flohmärkten unterwegs und habe dort die schönen Kleider der 40er und 50er Jahre für mich entdeckt. Die Schnitte und Formen dieser Zeit schmeicheln einfach meiner Figur. Über Instagram habe ich eine Community gefunden, die sich ebenfalls für diese Zeit begeistert. Dort gibt es eine ganze Szene, die das Lebensgefühl von damals liebt. Die Frauen machen sich gerne schön und betonen ihre weiblichen Kurven. Das tolle an der 50’s-Mode ist, dass sie allen steht.

Wie entstehen deine Designs?

Mich inspirieren ganz viele Dinge zu meinen Entwürfen: Stoffe, bei denen mir sofort Ideen kommen, was ich daraus machen möchte, alte Filme, meine Freunde, die 50’s-Szene oder auch Kund:innen, die mit bestimmten Vorstellungen und Wünschen zu mir kommen. Manchmal denke ich mir auch einfach ‚Ich hätte jetzt gerne einen Rock, der so und so aussieht.‘ Dann durchstöbere ich meine vielen alten Schnittmusterhefte und -bücher. Beim Erstellen der Schnitte bekomme ich professionelle Unterstützung von einer Schnittdirektrice aus Berlin, die mir die alten Schnitte an die heutigen Konfektionsgrößen anpasst. Für die Stoffauswahl denke ich mich zurück in die alten Zeiten und überlege, welche Materialien es damals gab. Vieles davon ist zwar heute nicht mehr verfügbar, aber dann suche ich ein aktuelles Pendant. Manchmal bringen mir auch Leute alte Stoffkonvolute vorbei, aus denen ich exklusive Designs zaubere. Generell produziere ich nur Einzelstücke oder Kleinstserien, das heißt pro Design jede Größe nur ein- bis zweimal. Es gibt bei mir aber nicht nur ausgefallene Stücke, da es mir wichtig ist, alle Frauen anzusprechen. Ich führe auch viele Basics, die man gut im Alltag kombinieren kann. Für mich ist die Hauptsache, dass meine Mode hochwertig und klassisch ist, sodass man sie lange tragen kann.

Was würdest du anderen Gründenden mit auf den Weg geben?

Traut euch, legt einfach los und macht das, was ihr von Herzen gerne machen wollt. Es muss nicht alles von Anfang an bis ins kleinste Detail durchgeplant sein. Und dann folgt eurer Intuition. Natürlich sollte man sich weiterbilden und andere Meinungen einholen, aber für mich waren die Entscheidungen, die ich aus vollem Herzen getroffen habe, immer die besten. Fehler machen gehört genauso zu einer Selbstständigkeit dazu wie tägliche Stimmungswechsel. Behaltet euren Mut und bleibt dran. Und holt euch Unterstützung für die Dinge, die ihr nicht könnt oder machen wollt. Wenn ich heute noch einmal gründen würde, wäre das Einzige, was ich anders machen würde, mir vorher ein größeres finanzielles Polster anzusparen.

Wie wichtig ist Netzwerken für dich?

Sich zu vernetzen ist eine gute Sache, aber es muss einem bewusst sein, dass Kontakte nicht gleich Kund:innen sind und daher nicht automatisch Umsatz bringen. Man muss daher aufpassen, dass man sich nicht verzettelt. Aber natürlich können durch das Netzwerk ganz wundervolle Dinge entstehen. Als ich eine Fotografin gesucht habe, habe ich zum Beispiel einen Aufruf gemacht und so Alice Koch gefunden. Sie war mir sofort super sympathisch und es hat einfach gepasst. Heute schlägt sie mir immer wieder neue Fotokulissen vor oder nimmt Kleider von mir mit und fotografiert ihre Models darin. Eine meiner Freundinnen stellt Accessoires in Form von Blumenschmuck und Hüten für meine Fotoshootings her. So unterstützen wir uns alle gegenseitig und machen Werbung füreinander. Einmal ist auch das Fotoloft aus Erfurt an mich herangetreten, weil sie gerne ein Mode-Shooting machen wollten. Im Zuge der Kooperation ist ein Artikel im Erfurter t.akt-Magazin zustande gekommen. Auf diesen ist wiederum der MDR bei der Recherche für eine Reportage über die 50er gestoßen und hat mich daraufhin angefragt. Auch meine Visagist:innen haben schon mal eine Braut auf Kleidsuche zu mir geschickt oder mich anderweitig weiterempfohlen. Da ich hier in Georgenthal keine Laufkundschaft habe, sind solche Weiterempfehlungen für mich sehr wertvoll.

Wie sieht deine Vision für dein Unternehmen aus?

Mein Traum ist es, irgendwann ein tolles altes Gebäude zu beziehen, in dem ich mich mit meinem ganzen Sein ausbreiten kann. Ein richtiges Modehaus, wie man es aus alten Filmen kennt: Unten werden die Kleidungsstücke präsentiert, es gibt einen Bereich für exklusive Kleider und einen für Alltagsbekleidung. Oben sind die Büros und Nähateliers sowie ein Kreativ-Space für mich. Ich hätte gerne ein bis zwei Näher:innen. Das Modehaus soll zudem ein Ort für tolle Events, Modenschauen und Fotoshootings sein. Aus Georgenthal zieht es mich aber nicht weg. Ich bin hier verwurzelt, mich lockt die große weite Welt nicht. Glücklicherweise gibt es jedoch auch hier genügend Menschen, die ich mit schönen Kleidern ausstatten kann.

Ein etwas greifbareren Traum ist für mich beim branchentreff:kreativ 2023 in der Zentralheize entstanden. Ich war damals zum ersten Mal in der Location und als ich in der Maschinenhalle stand, hat es mir der Raum sofort angetan. Ich wusste: Hier möchte ich unbedingt mal eine Modenschau veranstalten. Ich träume so groß wie es nur geht und nähere mich dann in kleinen Schritten meinen Visionen.

Kontakt

Die Landgräfin
Neue Straße 21
99887 Georgenthal
www.dielandgraefin.de
Tel: 015259714161
Mail: shop@dielandgraefin.de
Instagram: @dielandgraefin

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