Die gebürtige Bad Langensalzaerin Susanne Trautmann ist Expertin für Go-to-Market, strategische Markenführung und visuelle Kommunikation. Mit über 15 Jahren Erfahrung im B2B-Marketing konnte die Thüringerin umfassende Einblicke in unterschiedlichste Bereiche bekommen, von Industrieunternehmen in Maschinenbau- und Automobilzulieferindustrie bis hin zu 3D-Druck-Start-ups. Durch ihre Arbeit sind ihr die Herausforderungen bei der Vermarktung von Innovationen bekannt: hoher Termindruck, Budgetkürzungen, begrenzte Ressourcen, zu kleine Teams und Silodenken. B2B-Marketing ist kompliziert – vor allem, wenn es um die Kommunikation komplexer Produkte und Technologien an die Zielgruppe geht. Oder doch nicht? Susannes Lösung: das Strategiemodell “Marketing Canvas”, das Teams schneller zu aussagekräftigen Inhalten und professioneller Innovationskommunikation verhelfen soll. Wir wollten mehr erfahren.
Du hast das Planungstool Marketing Canvas entwickelt. Was ist das genau und wie läuft der Prozess damit ab?
Mein Marketing Canvas ist ein visuelles Template im Querformat, das aus insgesamt neun Feldern besteht. Diese sind gleichzeitig die Bausteine, die Teams gemeinsam ausfüllen und dabei ihr Wissen zu Produkt, Markt und Zielgruppe zusammenfassen. Die darin enthaltenen Informationen werden im Anschluss gebraucht, um das passende Storytelling zu entwickeln und eine gelungene Kommunikationsstrategie zur Vermarktung der Innovation abzuleiten. Hier stellen sich Fragen wie “Für welche Unternehmen haben wir unser Angebot konzipiert?” oder “Warum braucht unsere Zielgruppe unsere Lösung?”. Sobald der Fragebogen abgearbeitet ist und alle Felder ausgefüllt sind, lässt sich leichter erkennen, ob die Lösung wirklich zur Herausforderung der Zielgruppe passt. Je mehr logische Zusammenhänge zwischen den Feldern entstehen, desto wahrscheinlicher ist ein Product-Market-Fit, also die Phase, in der ein Unternehmen sondiert, ob seine Produktlösung auf dem Markt gewinnbringend verkauft werden kann.
“Häufig ist es so, dass Marketingverantwortliche Inhalte und Botschaften im stillen Kämmerlein entwickeln und so die Produktvermarktung nicht richtig gelingt. Mit dem Marketing Canvas wird das Wissen aller Expert:innen im Unternehmen angezapft und ein gemeinsames Verständnis vom wahren Mehrwert des Produktes für die Zielgruppe gewonnen”
Wichtig beim Ausfüllen ist, dass alle Mitarbeitenden sich einbringen, die zum Projekt etwas beitragen können – und nicht nur die Marketingverantwortlichen. Weg vom Silodenken! Es sind nämlich auch die Expertisen von beispielsweise den Entwickler:innen und Vertriebsexpert:innen gefragt. Am Ende des Canvas-Workshops werden alle Erkenntnisse auf einer Seite zusammengefasst und schließlich in Schlüsselbotschaften übersetzt. Diese dienen als Grundlage für das Entwickeln von Content für verschiedene Formate, Zielgruppen und Kanäle. In der anschließenden Testphase werden die Reaktionen der Zielgruppe bewertet. Erst bei einer vielversprechenden Interaktionsrate werden hochwertigere Content-Formate ausgearbeitet.
Warum macht es Sinn, ein Canvas zu nutzen?
Canvas Modelle zerlegen ein schwieriges Problem sind seine Bestandteile. Durch das thematische Clustern in Feldern, werden komplexe Informationen in gehirngerechte Gedankenstrukturen übersetzt. Canvas Modelle werden im Querformat angelegt. Die Felder befinden sich über-, unter- und nebeneinander, sodass Informationen im Kontext betrachtet werden können. Wie bei einer Mindmap, springen wir so gedanklich hin- und her und erleben Aha-Momente. Denn: Unser Gehirn denkt nicht in starren Linien, sondern bildet Gedankenverbindungen.
Menschen arbeiten wesentlich produktiver und kreativer, wenn sie Mindmaps erstellen, anstatt Informationen linear zu notieren. Wenn wir ein Canvas Modell ausfüllen, wird unser Gehirn zum lateralen Denken animiert, erkennt neue Zusammenhänge und entwickelt neue Ideen. Das Marketing Canvas hilft zudem, die Informationsflut zu bändigen: Mit dem Framework können unbekannte, komplexe Sachverhalte schnell erschlossen, relevante Informationen zusammengefasst und systematisch eine Kommunikationsstrategie entwickelt werden. Auf dieser Basis können wir Innovationsmarketing neu denken.
Wer kann das Tool nutzen?
Das Marketing Canvas kann als visuelles Planungstool von Start-ups und Marketing-Teams genutzt werden, die innovative und komplexe Produkte, Services oder Technologien im Markt positionieren und vermarkten wollen.
Auf welche Projekte kannst du bisher zurückblicken?
Ich habe bisher erfolgreiche Marketing Canvas-Projekte mit Firmen verschiedenster Branchen und Bereiche umsetzen können – egal ob Start-up, Industrie oder Medizintechnik. Zu meinen Kund:innen gehören unter anderem die TÜV SÜD Akademie, WIKA, CRIF oder Bleistahl. Ich arbeite in meinen Workshops mit überregionalen und internationalen Auftraggebenden zusammen. Perspektivisch würde ich mir aber mehr regionale Partner:innen wünschen, die ich von meinem Canvas Modell überzeugen und gemeinsam mit ihnen die Zukunft ihres Marketings gestalten kann. Wenn ich keine Workshops gebe, teile ich mein Wissen als Gastdozentin an der Hochschule Ansbach oder auf der Bühne als Speakerin bei Fachveranstaltungen.
Woher kommt deine Leidenschaft für das Thema Marketing und entsprechende Optimierungsprozesse?
Über all die Jahre im B2B-Marketing sind mir entscheidende Optimierungsbereiche aufgefallen: Unternehmen sprechen lieber über ihre Zertifikate als den Innovationsgrad ihrer Produkte. Häufig arbeiten Marketingverantwortliche im stillen Kämmerlein, ohne die technischen Aspekte des Produktes überhaupt zu verstehen. Zu oft wird Marketing nur als operatives Medium am Ende des Prozesses genutzt. So können aber keine erfolgreichen Kommunikationsstrategien entstehen. Innovationsmarketing ist aus meiner Sicht das wichtigste Tool eines Unternehmens, um dessen Zukunftsfähigkeit zu garantieren. Dafür muss Marketing aber neu gedacht und angegangen werden, um die wertvolle Expertise des Unternehmens herauszuarbeiten. Das wird zum Beispiel durch das Marketing Canvas möglich
“Es ist fast schon magisch, wenn man am Ende des Prozesses gemeinsam mit seinem Team auf das Canvas Modell schaut – durch den 360-Grad-Blick von oben finden wir nämlich fast mühelos den roten Faden“
Welche Visionen und Träume hast du bezüglich deines Businesses?
Ich habe in den letzten Jahren eine Menge Neues über das Thema B2B-Marketing gelernt. Dieses Wissen möchte ich gerne auf einer Meta-Ebene betrachten, neu zusammenfassen und viel mehr Menschen zugänglich machen. Ich finde den Gedanken spannend auf dem Gebiet zu promovieren oder ein Fachbuch zu schreiben. Eine Arbeit im Hochschulkontext würde mir auch gefallen, ebenso wie die Zusammenarbeit mit größeren Teams. Bis dahin möchte ich mein Business auf dem Fundament ausbauen, das ich mir erarbeitet habe und vielen weiteren Teams die Arbeit mit meinem Canvas Modell erleichtern und sie effektiver machen.
“Wenn wir anfangen unser Wissen zu teilen, lernen wir wie unsere individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten ineinandergreifen und können besser zusammenarbeiten. Das ist goldwert”
Kontakt
Susanne Trautmann
Growth Strategist, Marketing Canvas
susanne@marketing-canvas.de
www.marketing-canvas.de
Beitragsbild: Martin Dudek
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Nina Palme
Kommunikation
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