In der Fotografie und in Erfurt ist Marco Fischer zu Hause, wobei der kreative Kopf aufgrund seiner Arbeit in ganz Deutschland und der Welt unterwegs ist. Vor seiner Linse: Künstler:innen, Musiker:innen, Profisportler:innen und Schauspieler:innen wie Ed Sheeran, Mala Emde, Frederick Lau und Leon Goretzka. Zudem shootet er für Modelabels, Magazine und auf Musiktouren. Seine Spezialität sind Schwarz-Weiß-Portraits, die das Wesentliche unterstreichen und die Menschen unverstellt und authentisch einfangen. Im Gespräch mit dem Kreativschaffenden an seinem Arbeitsplatz im Werkraum.Studio in der Erfurter Zentralheize erfuhren wir mehr über seinen Alltag, geplatzte Träume und prägende Momente seiner Karriere.
Fotos: Marco Fischer
Kaffeeduft steigt im Erfurter Werkraum.Studio auf. In der Mitte des hellen und großen Raumes wartet Fotograf Marco Fischer an einem langen Tisch. Er sitzt ruhig da, die Hände übereinandergeschlagen und fängt an von seiner Leidenschaft zu analoger und Schwarz-Weiß-Fotografie zu erzählen: “Das perfekte digitale Bild langweilt mich”, schmunzelt Marco, während er an seinem pechschwarzen Espresso nippt. “Analog fotografiert man ganz anders und bewusster. Es ist wesentlich artifizieller. Man hat nur wenige Schüsse, ist abhängig von den Lichtverhältnissen und muss dadurch auf viele Dinge auf einmal achten. Und ganz anders als bei der Digitalfotografie ist man als Fotograf:in dem/der Portraitierten viel näher und bekommt authentische Ergebnisse, die im Nachgang nicht noch perfektioniert werden müssen. In Grautönen bekommt das Bild zudem nochmal eine ganz andere Anmutung als in Farbe. Jedes Detail ist wichtig und gleichwertig.” Eines seiner ersten größeren Analog-Projekte war mit der Berliner Folk-Band Mighty Oaks. “Das war schon krass, denn abends nach dem Shooting-Tag konnte ich der Band keine Zwischenergebnisse auf meinem Rechner zeigen. Es herrschte nervöse Anspannung: Was, wenn der Film kaputt oder die Fotos auf irgendeine andere Art verloren gingen? Aber am Ende hat alles gut geklappt und die Bilder sind sehr gelungen. Zumal es als Fotograf wirklich schön ist, wenn man ein bisschen Abstand zwischen dem Knipsen und der Sichtung des Endergebnisses hat.” Auch andere Musiker:innen vertrauen auf Marco Fischers gutes Auge: Sting, Clueso, Maeckes, Bela B, Marteria, Cro, Kontra K, Johannes Oerding und Bilderbuch sind nur ein paar der Namen in seinem facettenreichen Portfolio.
„Schönheit hat für mich nichts mit Perfektion zu tun. Es gibt in der Welt nichts, das perfekt ist. Das Unperfekte ist das, was ein Bild langfristig interessant macht”
Der Rückbezug auf die alte Form des Fotografierens kommt nicht von ungefähr: Marco Fischers Vater hatte selbst eine Leidenschaft für das Fotografieren. Als Kind ist Marco daher schon früh mit Kameras in Berührung gekommen. “Ich erinnere mich noch an die Diashows, die mein Vater uns als Familie immer gezeigt hat und wie fasziniert ich davon war.” Heute ist der kreative Kopf selbst Familienvater und hat zu Hause etliche Analogkameras liegen.
“Fotografie ist Kunst. Und etwas Artifizielles braucht Zeit”
Dabei sah sein Karriereweg zunächst nach einem ganz anderen aus: Marco wollte als Profisportler sein Geld verdienen, aber aufgrund einer Verletzung platzte der Traum von der Sportler:innenkarriere. Im Anschluss musste er zur Bundeswehr und ging danach als Sportanimateur nach Ibiza. Zurück in Deutschland hielt er sich zunächst mit Aushilfsjobs als Kellner über Wasser: »Mein Weg verlief nicht geradlinig, aber ehrlich gesagt wollte ich das auch nicht. Nach der Bundeswehr und diversen Jobs besuchte ich für ein paar Monate die Masterclass für Fotografie in Berlin. Danach hatte ich keine Lust mehr auf ein klassisches Studium oder eine Ausbildung. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich so meinen eigenen Stil entwickeln kann. Stattdessen fing ich an, zu fotografieren und zu modeln. Ich bot meine fotografischen Fertigkeiten bei verschiedenen Redaktionen an. Eines Tages kam dann die Zusage für einen Job bei National Geographic. Das Fotografieren auf Reisen, ein unverfälschter Stil, umfängliche Recherche vorab für die Aufnahmen, das Treffen von verschiedenen Kulturen und Menschen – all das war in vielerlei Hinsicht prägend für die Entwicklung meines weiteren Karriereweges.«
Es folgten Praktika und Assistenzen bei namhaften Fotografen wie Mario Testino oder Peter Lindbergh, der als deutscher Fotograf unter anderem für die Vogue geshootet hat. “Ich habe Peter damals bei einer Ausstellung kennengelernt und er nahm mich zu einer Produktion nach New York mit. Es hat mich beeindruckt, mit welcher Ruhe und Entspanntheit er seine Projekte am Set umsetzte. Ich habe unglaublich viel von ihm gelernt und bin sehr dankbar, dass er mir damals die Möglichkeit gegeben hat, ihn zu begleiten.”
Später folgten viele unbezahlte Jobs, wie Charity-Projekte für Viva con Agua und Kunstprojekte mit dem Erfurter Künstler Marc Jung. “Ich arbeite heute noch viel und gerne im gemeinnützigen und kulturellen Sektor. Der monetäre Aspekt sollte meiner Meinung nach die Freude am Fotografieren nicht aufwiegen. Mir geht es um die Menschen vor der Kamera. Das ist das einzige, was wirklich zählt”, resümiert Marco, dem materielle Dinge sowieso “noch nie wirklich wichtig” waren.
Ganz nah mit den Stars
Bei der Durchsicht von Marcos Portfolio blickt man in Gesichter mit rausgestreckter Zunge, das verschmitzte Lächeln und lässige Posen zum Teil weltweit bekannter Superstars sowie glamouröse Impressionen von Fashion-Shows in Paris. Wie ist das so, mit Models, Künstler:innen und anderen Prominenten zu arbeiten und wie kommt man eigentlich an solche Aufträge? “Es ist wichtig, dass man bei seinen Kund:innen auf eine gute Atmosphäre achtet und man sich zusammen wohl fühlt. Was diesen Aspekt angeht, macht es eigentlich keinen Unterschied, wer da vor einem sitzt. Man respektiert sich und seine Arbeit gegenseitig. Oftmals arbeite ich mit Auftraggebenden mehrmals zusammen, was die Vertrautheit noch steigert, Nähe schafft und so die Qualität der Bilder verbessert. Meine Jobs bekomme ich ausschließlich über Empfehlungsmarketing und durch mein breites Netzwerk. Ich glaube, ich habe in meiner ganzen Karriere noch nie eine richtige Akquise betrieben”, lacht der Fotograf, als er vom Tisch aufsteht, um sich noch einen Kaffee aus der Espressomaschine zu ziehen und nebenher über seinen Auftrag für die deutsche Fußballnationalmannschaft zu erzählen: “Das lief etwas anders ab, als andere Shootings. Ich hatte jeweils 15 Minuten pro Spieler Zeit zum Fotografieren. Der Tag war vom Marketingteam engstens getaktet. Hier war zum Beispiel keine Zeit, um vorher mit den Spielern zu reden, um sie als Mensch besser kennenzulernen. Entsprechend musste ich mich in der Vorab-Recherche genau vorbereiten.” Trotz seines aufregenden Lebensstils und den Begegnungen mit berühmten Menschen, unter ihnen auch Barack Obama, wirkt Marco nahbar und bodenständig. Er selbst bleibe lieber unter dem Radar und brauche als Künstler keinen Wirbel um seine Person. So fühle er sich am wohlsten.
Marco ist im regelmäßigen Austausch und in Zusammenarbeit mit Fotograf:innen aus Berlin, Hamburg und Österreich, kooperiert aber zuweilen auch mit Thüringer Kreativschaffenden, wie dem Videografen Alexander Michel, dem Fotografen Christopher Schmid oder Dennis Schmelz sowie den Weimarer Filmemacher:innen von NIVRE. “Ich würde gerne mehr in Erfurt netzwerken, bin aber kaum vor Ort. Dennoch möchte ich hier erst einmal weiterhin meine kreative Base haben. Mein Traum ist es allerdings, irgendwann auf einer Insel mitten in der Natur zu leben. Zumal es mich auch sehr befriedigt, die Natur zu fotografieren. Ob die Wälder Chinas, die Strände auf Hawaii oder die Strukturen des Sandes im Wattenmeer – die Ruhe der Landschaften machen mich einfach glücklich.”
“Freiheit bedeutet für mich, nicht wirtschaftlich denken zu müssen. Ich werde durch Momente und Emotionen bezahlt“
Von Adidas-Kampagnen bis Krisenfotografie
Auch politische Aufträge setzt der gebürtige Erfurter um. Vor einiger Zeit besuchte und dokumentierte er zusammen mit Staatsministerin Claudia Roth ein Flüchtlingslager auf Lesbos. Die Fotoreihe ist mittlerweile im Deutschen Bundestag zu sehen. Zu seinem Wahlkampf begleitete Marco zudem den heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz und verlieh der Kampagne die für ihn typische Bildsprache. Auf den Reisen der Bundesministerin Annalena Baerbock, unter anderem nach Kiew, war Marco als Fotograf dabei. “Fotograf:innen haben eine große Verantwortung. Sie sind dazu in der Lage, geschichtliche Ereignisse wie Kriege und Krisen, aber auch wichtige Persönlichkeiten für die Nachwelt festzuhalten. Meine Arbeit ist breit gefächert, ich weiß. Von Adidas-Kampagnen über Shootings für die neuen Uhren von Cartier bis hin zur Krisenfotografie. Aber es kommt nicht darauf an, sich auf eine Sparte zu beschränken. Es kommt darauf an, dass du die Dinge, die du machst, mit Überzeugung tust.”
Kontakt
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www.studiomarcofischer.com
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