Rückblick

Das war der branchentreff:kreativ 2025 im Kontor Erfurt

Am 18. Juni 2025 wurde das Kreativquartier Kontor Erfurt zur Bühne für die Vielfalt, Innovationskraft und Gemeinschaft der Thüringer Kreativwirtschaft. Unter dem Motto der kreativen Einmischung folgten über 200 Kreativschaffende unserer Einladung und der unseres Kooperationspartners, dem MENT Mediennetzwerks Thüringen e.V., zum diesjährigen branchentreff:kreativ – einem Abend voller Inspiration, Begegnung und Austausch.

Das Programm war so vielfältig wie die Kreativbranche selbst: Vom “Aperitivo Creativo“ mit architektonischem Blick hinter die Kulissen des Kontors über eine Blitzlicht-Performance mit Einblicken in die elf Teilmärkte der Kreativwirtschaft, der feierlichen Magazin-Release der dritten Ausgabe von “Thüringen kreativ – Das Magazin”, interaktiven Mitmischen-Runden bis hin zu sommerlichen Beats von DJ Sebastr0. Der Abend bot zahlreiche Anlässe zum Kennenlernen, Diskutieren, Weiterdenken und Einmischen.

Foto: Anja Feßer (Hellbunt Fotografie)

Am 18. Juni wurde das Kontor Erfurt zum lebendigen Treffpunkt der Thüringer Kreativwirtschaft – mit Blitzlichtern, Beats und jeder Menge Austausch.

Vom Industriebau zur Ideenfabrik: Die Führung durch das Kontor

Den Auftakt des Abends bildete der “Aperitivo Creativo“ – ein stilvoller Einstieg mit architektonischem Tiefgang. Architekt Thomas Schmidt nahm die Gruppe interessierter Kreativschaffender mit auf eine exklusive Führung durch das Kontor, das heute als Kreativquartier neue Maßstäbe für gemeinschaftlich genutzte Räume setzt. “Ein Ort wie dieser lebt davon, dass sich Menschen mit Visionen hier entfalten können“, betonte Thomas Schmidt eingangs. Genau darum gehe es bei der Gestaltung solcher Räume: Potenziale zu ermöglichen, statt sie zu begrenzen.

Das Kontor, einst Lagerhalle am nördlichen Rand der Stadt, wurde in den letzten Jahren behutsam transformiert, ohne seine industrielle Seele zu verlieren. “Wir haben bewusst darauf verzichtet, das Alte unsichtbar zu machen. Die Geschichte soll durchscheinen, gerade weil sie zum kreativen Prozess inspiriert“, erklärte der Architekt während der 1-stündigen Führung. Gerade für junge Menschen seien solche Orte essenziell. “Junge Kreative suchen Räume, in denen sie sich ausprobieren und verwirklichen können. Wo nicht alles glatt und perfekt ist, sondern offen, wandelbar, lebendig.“ Und dieser Bedarf wächst: nicht nur bei Kreativen, sondern zunehmend auch bei Unternehmen anderer Branchen. Immer mehr Arbeitgebende setzen auf inspirierende Umgebungen, um potenzielle Fachkräfte zu gewinnen. “Viele wollen heute nicht mehr in klassischen Büros sitzen. Das ist einfach nicht mehr zeitgemäß.“ Statt funktionaler Kammern mit grauem Teppichboden und Neonlicht brauche es Räume mit Charakter, Atmosphäre und Geschichte. Nicht umsonst haben sich Unternehmen aus der Robotik über Künstler/Künstlerinnen sowie Architekten/ Architektinnen bis hin zu einem Imker in dem Gebäude ihren Arbeitsraum geschaffen. Gerade diese Mischung macht das inzwischen voll besetzte Kontor so interessant.

Beim „Aperitivo Creativo“ führte Architekt Thomas Schmidt durch das Kontor – ein Ort mit Geschichte, Charakter und viel Raum für kreative Entfaltung.

Raum schaffen für Austausch: Projektleiter Norman Schulz eröffnete den Abend

Mit klaren Worten eröffnete Projektleiter Norman Schulz den branchentreff: Im Zentrum stehe das Miteinander – der Austausch von Ideen, Impulsen und Perspektiven innerhalb der vielfältigen Kreativszene Thüringens. “Vielfalt ist eure DNA“, so Norman Schulz. Kreativwirtschaft lasse sich nicht einfach beschreiben: “Ihr passt nicht in ein Raster, nicht bruchlos in irgendeine Persona und das ist gut so.“ Was Kreativunternehmer und -unternehmerinnen trotz aller Unterschiede verbindet, sei die gemeinsame Neugier, die Lust zu experimentieren und die Fähigkeit, neue Möglichkeitsräume zu öffnen. “Ihr seid diejenigen, die den Blick über den Tellerrand professionalisiert haben“, betonte der THAK-Projektleiter. Und genau diesen Blick dürfe man in Thüringen nicht aus den Augen verlieren.

Dabei machte er deutlich: Thüringen ist bereits ein ziemlich guter Standort für Kreativwirtschaft. Keine Frage – man sei noch nicht da, wo man sein könnte. Aber eben auch nicht dort, wo man manchmal kleingeredet werde. Er appellierte an die Anwesenden, sich weiterhin einzumischen – in Wirtschaft, in Gesellschaft und in Technologie sowie in Stadt und Land – mit Haltung, Kompass und der sprichwörtlichen Machete. Denn genau dort, wo es noch keine Karten und keine Orientierung gibt, seien kreative Perspektiven besonders wertvoll.

Projektleiter Norman Schulz eröffnete den branchentreff mit einem Appell an die kreative Vielfalt: „Ihr seid die Profis im Blick über den Tellerrand – mischt euch ein, wo noch keine Karten gezeichnet sind.“

Vielfalt im Blitzlicht: Die elf Teilmärkte stellten sich vor

Ein Höhepunkt des Abends waren die Blitzlichter der elf Teilmärkte der Kreativwirtschaft. In jeweils 100 Sekunden gewährten Vertreter und Vertreterinnen der Teilmärkte tiefgründige Einblicke in das kreative Spektrum des Freistaats. Design, Film, Games & Software, Musik, Werbung, Buch, Kunst, Rundfunk, Presse, Architektur und Darstellende Kunst zeigten ihre Perspektiven, Herausforderungen und Visionen.

Design etwa stand bei Victoria Ringleb von der Allianz Deutscher Designer (AGD) für den Kern von Gestaltungskraft: “Ohne Design wäre die Welt einfach ein schlechterer Ort.“ Sie lud das Publikum ein, an diesem Abend immer wieder hinzuschauen und zu entdecken, wo gutes Design bereits wirkt – sichtbar und unsichtbar zugleich. 

Für die Werbung sprach Nadin Reinhold, Werbeprofi und Frontfrau von “LIEBSCHER. brand building since 1955.” aus Jena, über die disruptive Gegenwart – von KI bis Krisenkommunikation. Sie erzählte, wie KI sie inzwischen besser kenne als sie sich selbst und wie wichtig es sei, in der Werbung nicht nur mitzuschwimmen, sondern authentisch und wirksam zu bleiben. “Macht das, was andere nicht machen. Es ist immer besser anzuecken, als überhaupt nicht sichtbar zu sein.“ 

Für die Filmbranche stellte Tamara Kollmeder, Gründerin des Independent Filmkollektivs Colourgraphie, den Standort Thüringen in den Fokus: “Ich glaube an kreativen Mut im Freistaat und an Film als Haltung, Medium und Werkzeug für Wandel.“ Sie unterstrich, wie stark die Verbindung von Kreativität, Wirtschaftlichkeit und regionaler Verankerung sein kann. 

Jannis Klemm widmete die 100 Sekunden seinem Teilmarkt der Darstellenden Künste: “Die größte Herausforderung für die Kultur- und Kreativwirtschaft ist Sichtbarkeit, vor allem für die Darstellenden Künste.” Vieles bliebe im Verborgenen und passe nicht in klassische Raster. Proberäume seien oft Fehlanzeigen, offene Bühnen zu selten. Gleichzeitig seien viele süchtig nach Serien, dabei schafften doch gerade die Menschen auf der Bühne Momente, die man nicht vorspulen kann. Er richtete sich mit einem klaren Wunsch an die Gäste: “Mehr Bühne und weniger Binge-Watching!”

Im Architektur-Blitzlicht brachte Thomas Schmidt seine Perspektive ein: Es sei nicht entscheidend, selbst Künstler oder Künstlerin zu sein, sondern Orte zu schaffen, an denen Kunst entstehen könne. Räume, in denen sich junge Menschen entfalten, ausprobieren und wachsen könnten. 

In nur 100 Sekunden präsentierten sich die elf Teilmärkte der Kreativwirtschaft – facettenreich, leidenschaftlich und mit einer gemeinsamen Botschaft: Die Zukunft will gestaltet werden. Kreativ. Und gemeinsam.

Thomas Bärsch, stellvertretender Chefredakteur der Thüringer Allgemeinen Zeitung und somit Vertreter des Teilmarkts Presse, erinnerte daran, wie zentral geprüfte und gut recherchierte Informationen für die Demokratie sind: “Eine Gesellschaft, die nicht mehr weiß, was wahr ist, verliert sich selbst.“ In einer Zeit, in der Aufmerksamkeit keinen Preis mehr habe, bleibe die Finanzierung journalistischer Qualität eine der größten Herausforderungen, aber auch eine Notwendigkeit. 

Anna-Lena Öhmann, Sprecherin für die Musikwirtschaft und Mitgründerin von Music Woman* Thüringen, rückte Diversität, feministische Perspektiven und strukturelle Probleme in den Mittelpunkt. “Ohren auf für die Musik“, forderte sie, und sprach über Machtmissbrauch, mangelnde Sichtbarkeit und Diskriminierung von FLINTA-Personen in der Musikbranche. Musik sei mehr als Klang, sie sei politisch, strukturell, lebendig und ein Spiegel der Gesellschaft. Deshalb müsse sie vielfältig und vor allem gleichberechtigter werden.

Die Games- und Softwarebranche wurde von Joel Keßler von PlayInsight Studios vertreten, der betonte: “Games sind längst mehr nur Entertainment.“ Von Bildung über Gesundheit bis zur Forschung seien sie ein zukunftsweisendes Medium. Doch: “Während weltweit die Gamesbranche boomt, fehlt in Thüringen noch eine klare Wachstumsstrategie.“

In der Kunst machte Michal Schmidt aus Erfurt deutlich, dass Kunst immer auch Reflexion von Gesellschaft und Umwelt sei. Dafür brauche es Räume der Begegnung und der Vernetzung.

Jochen Fasco von der Thüringer Landesmedienanstalt vertrat den Rundfunk mit einem Appell an die kreative Verantwortung der Medien: “Kreativität kann Welten erschaffen und Menschen bewegen. Aber wir müssen auch dafür sorgen, dass Kreativität dafür genutzt wird, Menschen zu informieren und sie dazu zu bringen, nachzudenken.”

Thorsten Schreiber lenkte den Blick abschließend mit beeindruckenden Zahlen auf die Buchbranche in Deutschland: “9,5 Milliarden Euro Jahresumsatz, 60.000 Neuerscheinungen jährlich, aber 80-85 % des Marktes liegen in der Hand weniger Großverlage.“ Die Herausforderung für unabhängige Autoren und Autorinnen läge darin, sich gegen Massenware zu behaupten. Sein Aufruf: “Ermutigt Menschen, Bücher zu schreiben und ihre Ideen zu Papier zu bringen. Das ist kreative Vielfalt!“Was all diese Blitzlichter miteinander verband: Leidenschaft, Klarheit und ein starkes Selbstverständnis. Die Kreativwirtschaft in Thüringen ist kein einheitlicher Block, sondern ein komplexes, lebendiges Ökosystem, das sich gegenseitig inspiriert und befruchtet. In 100 Sekunden wurde aus jedem Beitrag ein Fenster in eine Welt voller Ideen, Herausforderungen und Gestaltungskraft. Und die Botschaft war klar: Die Zukunft lässt sich nicht verwalten. Sie muss kreativ gestaltet werden, und zwar gemeinsam.

Michal Schmidt hat selbst ein Atelier im Kontor und betonte bei der Blitzlicht-Performance: Kunst ist immer auch gesellschaftliche Reflexion – und braucht dafür Räume der Begegnung und des Austauschs.

Mario Suckert: Politik trifft Kreativszene

Im Anschluss schlug Staatssekretär Mario Suckert vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Landwirtschaft und Ländlichen Raum mit seinem engagierten Grußwort an die Kreativszene eine Brücke zwischen Politik und Kultur. Dabei machte er unmissverständlich deutlich: “Kreativität ist keine Nebensache, sondern ein zentraler Baustein zukunftsfähiger Wirtschaftspolitik”.

“Kreativität ist eine besondere Form von Intelligenz“, so der Staatssekretär. “Sie bringt Ideen und Werke hervor, die nicht aus dem Lehrbuch stammen.“ Damit schloss er nicht nur an den innovativen Geist des branchentreff:kreativ an, sondern würdigte auch die Lebensleistung der Kreativschaffenden, die jenseits ökonomischer Standardmetriken Werte schaffen: kulturell, gesellschaftlich und wirtschaftlich.

Er unterstrich: “Die Arbeit der Kreativwirtschaft beginnt dort, wo Vorstellungsvermögen auf Können trifft. Hier entstehen Dinge, die nicht standardisiert, berechnet oder in Euro gemessen werden können – aber sie verändern unsere Welt.“ Mario Suckert betonte, wie wichtig es sei, kreative Menschen nicht nur in Metropolen, sondern auch in den ländlichen Räumen Thüringens zu fördern: “Wir brauchen gute Rahmenbedingungen, damit Kreative nicht abwandern, sondern bleiben, wirken und wachsen können.“

Staatssekretär Mario Suckert betonte: Kreativität ist kein Nice-to-have – sondern ein zentraler Baustein zukunftsfähiger Wirtschaftspolitik.

Magazin-Release: “Thüringen kreativ – Das Magazin” geht in die dritte Runde

Ein weiterer Höhepunkt des Abends war die Veröffentlichung der neuen Ausgabe von “Thüringen kreativ – Das Magazin“, das bereits zum dritten Mal die Vielfalt, Tiefe und gesellschaftliche Relevanz der Thüringer Kreativwirtschaft sichtbar macht. Unter dem diesjährigen Leitthema “Einmischen“ widmet sich das Magazin dem aktiven Gestalten in Technologie, Gesellschaft und Nachhaltigkeit, in Städten wie im ländlichen Raum.

Nina Palme, Projektverantwortliche und Expertin für Kommunikation bei der THAK, stellte die neue Ausgabe vor. Sie erklärte den gedanklichen Ausgangspunkt der Redaktion: “Als wir mit den ersten Überlegungen zum dritten Heft begannen, stand eine zentrale Frage über allem: Wie können wir die Bedeutung kreativer Einmischung sichtbar machen?“

Die Antwort findet sich auf jeder einzelnen Seite des neuen Heftes: Das Magazin ist eine Einladung zum Mitdenken, zum Mitgestalten und vor allem zum Mitmischen. Nina Palme formulierte es so: “Einmischen heißt nicht nur laut sein. Es heißt auch zuhören, gestalten, Verantwortung übernehmen.“

In der aktuellen Ausgabe werden Akteure und Akteurinnen vorgestellt, die in Thüringen Verantwortung übernehmen: mutig, kreativ, oft leise, aber mit Wirkung. Sie zeigen, was passiert, wenn Kreative sich in gesellschaftliche, technologische oder ökologische Diskurse einschalten – sei es durch nachhaltige Architektur oder kreative Teilhabe auf dem Land. Ein Magazin, das nicht bloß gelesen, sondern weitergedacht werden will und das mit jeder Ausgabe stärker zeigt: Kreativität ist kein Beiwerk. Sie ist gesellschaftliche Relevanz in ihrer unmittelbarsten Form.

Passend dazu wurden am Abend im begleitenden Format “Mitmischen“ moderierte 20-Minuten-Gespräche zu den Themen des Magazins angeboten. Experten und Expertinnen sowie Gäste konnten darin gemeinsam diskutieren, fragen, inspirieren – drinnen wie draußen, in den lichtdurchfluteten Räumen des Kontors. 

Die dritte Ausgabe feierte Premiere – mit starken Geschichten über kreative Einmischung, Verantwortung und Wandel in Stadt und Land.

Der branchentreff:kreativ 2025 war mehr als ein Event. Er war ein lebendiger Beweis dafür, wie kreativ, zukunftsgewandt und vernetzt Thüringen ist. Ein Abend voller Perspektiven, Begegnungen und neuer Impulse für die Kreativwirtschaft und darüber hinaus. Ein großes Dankeschön gilt in diesem Jahr unserem Kooperationspartner,dem MENT Mediennetzwerk Thüringen e.V., den kreativen Gestaltenden der diesjährigen Magazinausgabe Maria Gottweiss (Layout) und Stefan Kowalczyk (Illustration) sowie dem Team des Kontor Erfurt.

Save the Date: branchentreff:kreativ 2026

Auch im kommenden Jahr wird sich die Thüringer Kreativwirtschaft wieder versammeln – zum Vernetzen, Austauschen und gemeinsamen Gestalten.

Infos folgen wie immer rechtzeitig über unseren Newsletter, Instagram oder LinkedIn. Wir freuen uns jetzt schon auf ein Wiedersehen mit euch, voller neuer Ideen, Perspektiven und kreativer Energie.

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