Die Stadt Erfurt bietet Künstler:innen und Kulturschaffenden eine Vielzahl von Möglichkeiten, ihre Kreativität auszuleben. Eines dieser Projekte sind die Künstlerwerkstätten, die ihnen Raum und Unterstützung bieten, um ihre Kunst zu entwickeln, sich auszutauschen und Neues zu lernen. Hier, zentral gelegen im Norden der Landeshauptstadt, finden verschiedene Kunstformen rund um Materialien wie Emaille, Keramik, Textil, Gold und Metall, aber auch Vereine und Bildungsinstitutionen ihren Platz. In unserem Beitrag werfen wir zusammen mit den Organisatorinnen Mandy Rasch und Sarah Hertam von der Erfurter Kulturdirektion einen genaueren Blick auf die Geschichte der Werkstätten, die Nutzungsmöglichkeiten und Mietbedingungen sowie die Zukunftsperspektiven dieser kreativen Oase.
Die Geschichte der Erfurter Künstlerwerkstätten
“Alles begann in den 90er Jahren mit alten Garagenanlagen im Rieth im Erfurter Norden”, erzählt uns die Leiterin der Künstlerwerkstätten Mandy Rasch im Community Space der neuen Künstlerwerkstätten. Die leeren Räumlichkeiten waren ursprünglich Lagerräume und später ein Bezirksbüro für architekturbezogene Kunst. Mit dem Anspruch fachspezifisch ausgestatteter Werkstatträume für Metall-, Goldschmiede- und Emaillearbeiten, Holzverarbeitung sowie einem Großraumatelier, wurden die Künstlerwerkstätten vom damaligen Ministerium für Wissenschaft und Kunst zum Zweck regionaler Kunstförderung der Kommune übergeben. Mit der Zeit und dem Engagement vieler Künstler:innen haben sich die Werkstattbereiche weiterentwickelt und sind zu dem geworden, was sie heute sind. „Die Werkstätten fungierten damals als Arbeitsraum für jene Künstler:innen, die Auftragsarbeiten für die Stadt angefertigten, wie beispielsweise für das damalige Kultur- und Freizeitzentrum Kuftzt“, erinnert sich Mandy Rasch. Insbesondere die Möglichkeit, großformatig zu arbeiten, lockte viele Künstler:innen an. Immer mehr regionale, aber auch internationale Künstler:innen zog es wegen der Werkstätten nach Erfurt.
Es hätte ewig so weitergehen können, jedoch war die Instandhaltung der Großraumateliers über die Jahre nicht mehr tragbar und immer wieder drohte eine Schließung.“ Künstler:innen der Landeshauptstadt setzen sich für den Erhalt ein, unterschrieben Petitionen und riefen Aktionen ins Leben, um die kreativen Garagen zu sichern. Die Stadt hielt daher an den Werkstätten fest und suchte lange nach einer neuen Heimat. “Es musste ein neuer Ort her und wir sind sehr dankbar, dass sich unter anderem der ehemalige Baudezernent Alexander Hille für die lokale Kunstszene eingesetzt hat und ein neues Quartier für die Werkstätten auserkoren hat. Im Zuge der BUGA wurde 2017 das leerstehende und ehemalige Garnisonslazaretts und später Psychiatriegebäude des Helios Klinikums schließlich als neue Heimat für die Werkstätten gefunden.”
Ein neuer Ort des kreativen Arbeitens entsteht
Gemeinsam haben die Kulturdirektion und das Amt für Gebäudemanagement am Umbau des alten Gebäudes gearbeitet, um die einzelnen Werkstattbereiche fachgerecht auszustatten. Damals war Mandy Rasch, die selbst als Schmuckkünstlerin und Goldschmiedin tätig ist, noch beratend im Projekt tätig, später plante und koordinierte sie zusammen mit Sarah Hertam den Aus- und Umbau. Seit 2020 leitet sie mit viel Engagement die Werkstätten im Erfurter Norden.
Im Oktober 2023 begann schließlich mit einem Grand Opening der Künstlerwerkstätten ein aufregendes Kapitel für die neuen (alten) Räume der Stadt Erfurt. Das Areal soll nun zu einem neuen kreativen Zentrum werden. An dem neuen Standort können die Werkstätten weiter wachsen, noch mehr Künstler:innen eine Plattform bieten und Symbiosen entstehen. In unmittelbarer Nähe zu den Werkstätten befinden sich das Wächterhaus und die von OQ-Paint initiierte Freiraumgalerie. “Die Künstlerwerkstätten bieten verschiedene Arbeitsbereiche und Ausstattungen, die den Bedürfnissen verschiedener Kunstformen gerecht werden: Von Malerei über Bildhauerei bis hin zur Schmuckherstellung – hier finden Kreativ- und Kunstschaffende den Raum, den sie brauchen, um sich auszudrücken und ihre Talente weiterzuentwickeln”, fasst Sarah zusammen. “Die Eröffnung der Künstlerwerkstätten markierte einen Meilenstein in unserem Bestreben, Kunst und Kreativität in Erfurt zu fördern. Durch Workshops, Symposien, Ausstellungen und Veranstaltungen werden sie zu einem Ort des Austausches und des Lernens und zu einem Zentrum für kreative Innovation, das die Kunstszene der Stadt belebt und neue Impulse setzt.” Dabei ist das Workshop- und Veranstaltungsangebot in den Künstlerwerkstätten so vielfältig wie ihre Mieter:innen selbst: Das Internationale Schmucksymposium war beispielsweise bereits vor Ort. Im Sommer sind Kooperationsveranstaltungen mit dem gegenüberliegenden Wächterhaus geplant.
Ein breites Spektrum an und für die Thüringer Kreativität
“Die Künstlerwerkstätten stehen verschiedenen Zielgruppen offen. Jede:r, der/die künstlerisch oder kulturbildnerisch arbeitet, hat die Möglichkeit, die Räume kurzzeitig zu mieten. Dabei gibt es jedoch gewisse Prioritäten: Anfragen von Künstler:innen und Künstler:innengruppen werden priorisiert. Auch im Bildungsbereich finden Vermietungen statt, etwa für Ferienprojekte, Workshops und Seminare. Kleine Vereine, Gruppen und Schulen nutzen ebenfalls die Räume für ihre künstlerischen Aktivitäten. So kann eine Zeichengruppe regelmäßig einen Aktzeichenkurs in den Räumlichkeiten anbieten. Die Vielfalt der Nutzer:innen trägt dazu bei, dass die Künstlerwerkstätten optimal ausgelastet sind”, erklärt Mandy Rasch, während sie uns durch die Räumlichkeiten führt. Helle, winterliche Sonnenstrahlen dringen in die weitläufigen Räume, die mit Elementen aus den ehemaligen Werkstätten im Erfurter Rieth sowie Fotos der Geschichte des Raumes gespickt wurden, um an die Anfänge zu erinnern.
Clean Chic statt kreatives Chaos
Die Künstlerwerkstätten unterscheiden sich von herkömmlichen Ateliers: “Die Räume sind sauber und ordentlich, was anfangs vielleicht ungewohnt erscheinen mag. Im Gegensatz zu traditionellen Ateliers sind die Künstlerwerkstätten funktional und repräsentativ gestaltet. Die Umgebung spielt eine wichtige Rolle für die Qualität der Arbeit und den Wert der entstehenden Kunstwerke. Die schlichte und gut organisierte Atmosphäre ermöglicht es den Künstler:innen, sich auf ihre Ideen zu konzentrieren und ihre kreativen Prozesse zu optimieren”, so Mandy, die anfangs für den cleanen Charme der Räume Kritik einstecken musste. “Nachdem die ersten Künstler:innen hier ein paar Tage gearbeitet hatten, hat sich unser Konzept positiv bestätigt. In einer aufgeräumten Umgebung, fernab des Atelierchaos, sprudelten bei vielen die Ideen.”
Fotos: THAK
Viel Mehrwert für kleines Geld
Der Zugang zu den Künstlerwerkstätten ist niedrigschwellig gestaltet. Für Schulen existieren zum Beispiel spezielle Kooperationsvereinbarungen, die es ermöglichen, die Räume kostenlos zu nutzen. Lediglich eine Beteiligung an den verbrauchten Stromkosten für die Brennöfen wird erwartet. Für alle anderen ist die Miete “in jedem Fall bezahlbar”, versichert uns die Leiterin. Ziel ist es, dass jede:r Kunst- und Kulturschaffende die Räume nutzen kann. Eine Anfrage zur Miete der Räume kann per E-Mail an kuenstlerwerkstaetten@erfurt.de gestellt werden.
“Die Künstlerwerkstätten in Erfurt befinden sich in einem stetigen Entwicklungsprozess. Die Webseite der Werkstätten soll überarbeitet werden, um einen besseren Überblick über das Angebot und die Nutzungsmöglichkeiten zu bieten. Langfristig ist geplant, eine Workshop-Struktur aufzubauen und weitere Kunst- und Kulturschaffende in das Projekt einzubeziehen, um die Werkstätten weiterzuentwickeln und an die Bedürfnisse der Branche anzupassen”, verrät uns Sarah Hertam mit einem optimistischen Blick in die Zukunft des Kreativortes. “Die Räumlichkeiten haben bis heute eine interessierte und lebendige Kreativ-Community, die Lust hat, den Ort weiter mitzugestalten.”
Die Künstlerwerkstätten in Erfurt bieten einen Ort, um den “Kreative aus anderen Bundesländern uns beneiden”, schmunzelt Mandy Rasch, als wir zum Ende unseres Gesprächs kommen. Die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten, die niedrigschwellige Zugänglichkeit und die professionelle Ausstattung der Räume machen diesen Ort einzigartig für alle Kunstschaffenden. Die Zukunft der Künstlerwerkstätten sieht also vielversprechend aus: Mit den geplanten Weiterentwicklungen und einer stärkeren Vernetzung mit anderen Kulturschaffenden, wird hier mit Sicherheit ein neuer Kreativ-Hotspot für die Landeshauptstadt entstehen, der die Kreativität und den künstlerischen Austausch fördert und einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Vielfalt der Stadt leistet.
Kontakt
Künstlerwerkstätten der Stadt Erfurt
Nordhäuser Straße 81 / 81a
99089 Erfurt
Mail: kuenstlerwerkstaetten@erfurt.de
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