Kreativwirtschaft als Motor für Wandel und gemeinschaftliches kreatives Handeln

Der GCES 2025 in Hamburg

Der Grundtenor des diesjährigen German Creative Economy Summit (GCES) 2025 in Hamburg waberte durch die Hallen von Kampnagel beim größten deutschen Branchentreff der Kreativwirtschaft in Deutschland: Die Rolle der Kreativwirtschaft für gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel. Themen wie die Mitgestaltung der Demokratie durch Kreativwirtschaft, Nachhaltigkeit und interdisziplinäre Zusammenarbeit gehen alle etwas an und könnten nicht zeitgemäßer sein. Denn in einer Welt, in der die Herausforderungen immer komplexer werden, scheint die Kreativwirtschaft – bestehend aus 11 dynamischen Teilmärkten – ein immer wertvolleres Instrument für den Dialog und die Schaffung innovativer Lösungen zu werden. Doch trotz der enormen Potenziale sehen sich Kreative mit zahlreichen Hürden konfrontiert, die ihre Arbeit blockieren und ihre Wertschätzung gefährden. Wir waren beim GCES 2025 vor Ort und haben für euch die spannendsten Paneldialoge, hoffnungsgeladene Impulse sowie interessante Fakten zum Status Quo der Kreativwirtschaft mitgebracht.

Fotos: THAK

Der GCES in Hamburg ist der größte deutsche Branchentreff der Kreativwirtschaft in Deutschland und wird von der Hamburg Kreativ Gesellschaft organisiert.

Die Kreativwirtschaft als treibende Kraft für Demokratie

Die Kreativwirtschaft leistet einen einzigartigen Beitrag zum Erhalt und zur Weiterentwicklung demokratischer Gesellschaftsstrukturen: Sie fördert den gesellschaftlichen Diskurs, animiert zum Perspektivwechsel, ermöglicht Bildung und Teilhabe. Sie spiegelt Pluralismus wider, lässt marginalisierte Gruppen zu Wort kommen und ermutigt zu politischem Engagement. Gibt es also ohne die Kreativwirtschaft keine Demokratie? Dazu trafen sich die Teilmärkte Musik, Architektur, Design und Presse im Panel “Keine Demokratie ohne Kreativwirtschaft?!” auf der Bühne des GCES. Die Fähigkeit der Kreativwirtschaft, Demokratie nicht nur zu fördern, sondern auch erlebbar zu machen, bildete eines der zentralen Diskussionsthemen. Ein Beispiel für das Erlebbarmachen ist die Förderung von Dialogräumen. Analog, aber auch digital. Denn während sich immer mehr Menschen in digitale Echokammern zurückziehen, braucht es öffentliche Plattformen, um Debatten wieder in den gemeinsamen Raum zu verlagern, betonte Matthias Ditzen-Blanke, Verleger der Nordsee-Zeitung und Mitglied im geschäftsführenden Vorstand des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV). 

Auch die Architektur und Stadtgestaltung hätten eine demokratische Dimension. “Öffentliche Gebäude wie Schulen können mehr als nur funktional, sondern auch ansprechend gestaltet und für alle zugänglich sein. Städtische Räume sollten für alle entwickelt werden, nicht nur für Teilnehmende des Autoverkehrs. Hier kann die Kreativwirtschaft als Vermittlerin zwischen Verwaltung und Bürger:innen agieren”, so Architektin und Präsidentin der Hamburgischen Architektenkammer Karin Loosen. Menschen fühlen sich oft übergangen, wenn sie nicht in Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Dabei geht es um mehr als nur nachhaltige Baustellen oder autofreie Innenstädte – es geht um die Schaffung von offenen, partizipativen Räumen, deren Gestaltung in Stadtwerkstätten zusammen mit den Menschen vor Ort, entwickelt werden können. Unter der Leitung von Loosen wurden derartige Formate bereits durchgeführt: “Diese Formate haben gezeigt, wie produktiv Bürger:innen über die Zukunft ihrer Stadt diskutieren können und wollen. Aber damit diese Beteiligung nicht ins Leere läuft, müssen Politik und Verwaltung die Ergebnisse ernst nehmen und umsetzen.” 

Kampnagel: Einst Maschinenfabrik, heute Bühne für zeitgenössische Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft.

Demokratie passiert nicht nur in Debattenräumen, sondern in alltäglichen Erlebnissen, im Stadtraum

Auch gutes Design, das zugänglich und somit dialogfördernd ist, kann den direkten Kontakt zu Menschen wiederherstellen und als Vehikel für demokratische Werte wirken, so Creative Director und Geschäftsführer DDC/Deutscher Designtag Dara Sepehri, der seit über 12 Jahren Kommunikationsstrategien und Konzepte entwickelt, die Menschen verbinden. Doch dieses Potenzial wird noch zu wenig für die Gesellschaft genutzt. Statt nur fachliche Debatten zu führen, sollten Designer:innen ihre Fähigkeiten einsetzen, um die Demokratie erlebbar zu machen – durch universelle Botschaften und räumliche Touchtpints, die besonders jene erreichen, die sich von politischen Prozessen entfremdet haben. Denn eines kann und sollte Design leisten: komplexe Botschaften in einfach verständliche Inhalte zu übersetzen und Brücken bauen, die Demokratie greifbar machen. 

Netzwerken steht neben dem facettenreichen Panels ganz oben auf den Programm beim GCES.

Von demokratischen Räumen zu nachhaltigen Stadträumen: Kreativität als Schlüssel zur Transformation

Demokratie und Nachhaltigkeit sind zwei Seiten derselben Medaille – beide brauchen aktive Teilhabe, langfristiges Denken und Gestaltungsspielräume. Wo Menschen sich beteiligen, entsteht Identifikation, und wo Identifikation entsteht, wächst Verantwortung. Hier kommt die Frage der Ästhetik ins Spiel: Wie können wir Menschen für nachhaltiges Handeln begeistern? Und ist Nachhaltigkeit das neue “schön”? Kreative spielen dabei eine entscheidende Rolle, indem sie Narrative gestalten, die das Umweltbewusstsein stärken und nachhaltige Ideen so verständlich machen, dass sie freiwillig und aktiv von der Gesellschaft gelebt werden. Ein Beispiel bietet die autonom betriebene Straßenlaterne Papilio von Designer Tobias Trübenbacher. Sie nutzt Windenergie und passt ihr Licht durch Infrarotsensoren an die Umgebung an. Das Ziel: weniger Lichtverschmutzung und Energieverbrauch in öffentlichen Räumen. Solche Projekte verdeutlichen, wie nachhaltige Lösungen in den Alltag integriert werden können. Entscheidend ist dabei aber auch die Ästhetik. Gefällt die nachhaltige Straßenlaterne, wird sie auch von der Stadtgesellschaft akzeptiert. Der Fokus auf derartige Projekte steigt intrinsisch.

Doch wer bestimmt eigentlich, was ästhetisch ist? Ästhetikforscher Dr. Michael Heinrich beschreibt den Wert der Ästhetik als eine Kombination aus biologischen, kulturellen und individuellen Faktoren. Naturnahe Designs werden fast universell als schön empfunden und Ästhetik beeinflusst nachweislich unsere psychische und physische Gesundheit. Ein Blick  ins Grüne verkürzt beispielsweise Krankenhausaufenthalte, senkt Stress und fördert die Resilienz. 

Von Thüringen nach Hamburg: Unser aktuelles THAK Magazin haben wir den GCES-Teilnehmenden zu Gemüte geführt.

Laut Architektin Prof. Mikala Holme Samsøe ist ein Umdenken in der Ästhetik nötig: Weg von expansiver Nutzung hin zu einer neuen Suffizienz. Die moderne Architektur mit ihrer materialintensiven Reduktionsästhetik suggeriert oft unbegrenzte Ressourcen. Doch die haben wir nicht und echte Schönheit liegt nicht in der völligen Reinheit oder Uniformität, sondern in Narrativen, die Geborgenheit, Teilhabe und Funktionalität vereinen. “Die Natur bietet hier ein Vorbild: Sie arbeitet in Kreisläufen, organisiert sich in Netzwerken und regeneriert sich ständig. Diese Prinzipien können ins Design übertragen werden”, so Holme Samsøe. 

“Letztlich geht es darum, Menschen aktiv in die Gestaltung einzubeziehen, denn wenn wir an etwas mitwirken, entsteht eine starke emotionale Bindung”, konstatierte Alana Zubritz, Referentin für Design und Nachhaltigkeit sowie Projektleiterin des Zero Waste Cafés in Hamburg. Um nachhaltiges Handeln zu fördern, müssen kreative Kommunikationswege genutzt werden – sei es durch Graffiti, Workshops oder interaktive Ausstellungen, die inspirieren, ohne mit dem erhobenen Zeigefinger zu agieren. Projekte wie das Zero Waste Café hätten das Potenzial, Irritation, Information und Community-Building zu verbinden. 

Wirtschaftlicher Erfolg durch kreative Communities und Cross Innovation

Wenn Menschen sich mit einem Ort oder einer Idee identifizieren, investieren sie Zeit, Energie und Ressourcen – und genau darin liegt der wirtschaftliche Hebel. Ob Zero Waste Cafés, Vereine, kreative Netzwerke, Co-Working-Spaces oder Festivals  – überall dort, wo Menschen in einer gemeinsamen Vision zusammenkommen, entsteht an der Schnittstelle zwischen Kreativität und Gemeinschaft wirtschaftliche Dynamik.

Welche wirtschaftliche Rolle das Bilden von Gemeinschaften in der Kreativwirtschaft spielen, wurde auf dem Panel “Wirtschaftlicher Erfolg durch die Community – wie Kreativität Gemeinschaft stiftet und braucht” diskutiert. Mit auf der Bühne: Victoria Ringleb von der AGD. Sie betonte, dass Gemeinschaften, die durch gemeinsame Werte und Leidenschaften verbunden sind, einen enormen wirtschaftlichen Wert erzeugen können. Das AGD-Netzwerk, aber auch viele andere dieser Art sind nicht nur ein Ort des Austauschs, sondern schaffen auch Raum für neue Ideen und innovative Ansätze für den wirtschaftlichen Erfolg aller Beteiligten und somit gesamtwirtschaftlich.

Gemeinschaft provoziert wirtschaftlichen Erfolg

Über 1.100 Kreativschaffende, Unternehmer:innen und Vordenker:innen waren zu Gast auf dem GCES in Hamburg.

Auch das Wacken-Festival verdeutlicht, wie aus einer ursprünglich kleinen Idee durch Communitybuilding ein weltweiter Erfolg werden kann: Das Wacken Open Air hat im Laufe der Jahre seine Marke erweitert und bietet verschiedene Freizeitformate an, die über das traditionelle Festival hinausgehen. Ein Beispiel ist der Full Metal Cruise, eine Heavy-Metal-Kreuzfahrt, die seit 2013 in unregelmäßigen Abständen auf Kreuzfahrtschiffen von TUI Cruises stattfindet. Organisiert vom Team des Wacken Open Airs, führt diese Kreuzfahrt Metal-Fans auf eine Reise mit Live-Konzerten und einem speziell auf die Zielgruppe zugeschnittenen Programm. “Gemeinschaft kreativ kreieren – Communitybuilding funktioniert auch nachhaltig als Geschäftsmodell und ist von der Zielgruppe inspiriert“, erklärte Holger Hübner, Mitbegründer des Wacken Festivals auf der Panelbühne.

Die Verbindung von Kreativität, Gemeinschaft und wirtschaftlichem Erfolg zeigt auf, wie wichtig es ist, Räume und Kontaktpunkte zu schaffen, in denen Menschen zusammenkommen, sich gegenseitig inspirieren und durch ihre Vielfalt an Ideen und Kompetenzen echte wirtschaftliche und kulturelle Werte und Identitäten schaffen.

Bildunterschrift:
Richtig gutes Zeug: Wie Wirtschaft und Kreativität in Cross-Innovation zusammenfinden – mit Claudia Köhler von der THAK, Ines Rainer, Meike Jungbluth, Matthias Bergmann und Marco Rieso. Moderation: Thomas Radtke.

Cross Innovation: Kreativität trifft Wirtschaft 

Apropos zusammenkommen: Unternehmen anderer Branchen und Kreativwirtschaft arbeiten immer häufiger zusammen, um innovative Lösungen zu entwickeln. Zum Glück, denn Kreative bringen aufgrund unterschiedlicher Arbeits- und Denkweisen frische Perspektiven ein – ein Ansatz, der gerade angesichts aktueller Herausforderungen wie dem Klimanotstand, dem demografischen Wandel und der Digitalisierung essenziell ist. In neutralen Räumen entstehen in sogenannten Cross-Innovation-Formaten neue Ideen, die in klassischen Unternehmensstrukturen oft nicht denkbar wären.

Beispiele wie das Creative-Challenge-Format unserer Kolleg:innen von creative nrw zeigen, wie interdisziplinäre Teams gemeinsam an Lösungen arbeiten. Auch Unternehmen in Thüringen profitieren von den Cross Labs, wie das Beispiel der Bäckerei Bergmann und dessen Geschäftsführer Matthias Bergmann, der am Cross Lab der THAK und von ThEx innovativ 2023 teilgenommen hat, beweist: Durch Cross Innovation wurden simple, aber effektive Lösungen für das Traditionsunternehmen geschaffen, die die Perspektive der Kund:innen von einer Bäckerei-Kette auf ein Familienunternehmen verändern konnten. Entscheidend ist dabei die Offenheit der Unternehmer:innen für neue Prozesse und die Bereitschaft, bestehende Strukturen zu hinterfragen, so Matthias Bergmann auf dem von uns, dem fint e.V. und creative nrw gestalteten Panel “Richtig gutes Zeug: Wie Cross-Innovation Wirtschaft und Kreativität vereint”.

Doch trotz der positiven Best-Practice-Berichterstattungen aus verschiedenen Bundesländern, gibt es Hürden, die es noch zu meistern gilt: fehlende zeitliche Ressourcen und Unsicherheiten über den konkreten Output für die teilnehmenden Unternehmen erschweren die Akquise selbiger. “Vertrauen in den kreativen Prozess ist der Schlüssel”, so Claudia Köhler von der THAK. Unternehmen müssten erkennen, dass Kreativität nicht nur eine Dienstleistung ist, sondern ein echter Wirtschaftsfaktor. Ziel ist es, dass Unternehmen nicht nur kreativwirtschaftliche Angebote nutzen, sondern aktiv nach ihnen suchen. Letztlich geht es darum, Unternehmer:innen aus ihren gewohnten Strukturen zu holen – denn echte Innovation entsteht erst durch neue Denkweisen.

Bildunterschrift:
Künstlerin Chris Campe machte in ihrer Installation kreative Arbeit und ihre Wahrnehmung sichtbar: zwischen Bewunderung, Missverständnissen und dem Satz „Leben kann man davon nicht.“

Die Blockaden der Kreativität: Bürokratie und politische Widerstände

Und Innovationen braucht es auch in der Verwaltung, wie das Panel “Ist das Bürokratie oder muss das so?” klar gemacht hat. Denn trotz all der positiven Visionen von Demokratie, Nachhaltigkeit und Zusammenarbeit gibt es zahlreiche Herausforderungen, die die Kreativwirtschaft davon abhalten, ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Bürokratische Hürden stellen immer wieder Blockaden dar. Besonders in den letzten Jahren wurde die Kreativwirtschaft durch eine Überregulierung und unnötige verwaltungstechnische Anforderungen gehemmt. “Bürokratie als Innovationsbremse“ wurde als einer der zentralen Kritikpunkte hervorgehoben. Kreative Arbeitszeit, die für rechtliche Prüfungen, Zertifikate und sonstige Formalitäten verloren geht, würde besser in die kreative Arbeit selbst investiert.

Gerade kleinere kreative Unternehmen leiden darunter, die gleichen bürokratischen Anforderungen wie Großkonzerne erfüllen zu müssen, ohne über die notwendigen Ressourcen zu verfügen, meint die Geschäftsführerin der Libri GmbH Alyna Wnukowsky mit Blick auf den Buchmarkt. Dort haben kleine Buchhandlungen beispielsweise mit der EU-Entwaldungsverordnung zu kämpfen. Gut gemeint, soll diese durch Herkunftsnachweise für alle Papiere der zum Verkauf angebotenen Bücher die fortschreitende Abholzung wertvoller Wälder verhindern. Für eine kleine Buchhaltung, die viel Papier aus unterschiedlichen Produktionen in ihren Regalen liegen hat, kaum stemmbar. Die Folge: Auch diese Orte für Gemeinschaft und Bildung gehen verloren. 

Bürokratie ist eine Innovationsbremse: Kreative Zeit wird für rechtliche Prüfungen und Zertifikate verschwendet, statt für die eigentliche sinnstiftende und gesellschaftlich relevante Arbeit

Auch die Digitalisierung bringt nicht immer die erhoffte Erleichterung. Oft muss sich jede:r selbst durch komplexe digitale Verwaltungsplattformen kämpfen, da eben doch keine wirklich praktikablen Lösungen angeboten werden. Die Forderungen sind daher klar: Gesetze müssen gebündelt und verständlicher gemacht werden, Fristen entzerrt und praxisnahe Lösungen entwickelt werden. Unternehmen mit 1.000 Mitarbeitenden sollten nicht den gleichen bürokratischen Aufwand haben wie kleine Kreativbetriebe. Und statt pauschale Maßnahmen zu ergreifen, sollten gezielt diejenigen zur Verantwortung gezogen werden, die tatsächlich Umwelt- und Sozialstandards verletzen – nicht diejenigen, die sich seit Jahren um Nachhaltigkeit bemühen.

Es brauche Mut, einfach mal pragmatische Lösungen umzusetzen, statt neue Hürden zu schaffen, so Musikverlegerin Katharina Holzmeister vom Fidula-Verlag. Aber allen ist klar: Veränderungen kommen nur, wenn genug Druck aufgebaut wird – und langsam wächst dieser. Nur durch Austausch und Zusammenarbeit lassen sich nachhaltige Lösungen finden, die Kreativität fördern, statt sie zu ersticken.

Zudem flankiert bürokratischer Druck leider häufig die immer noch zu wenig wertschätzende Wahrnehmung der Branche. Zu viele Entscheider:innen aus Politik und Wirtschaft erkennen die wahre Bedeutung von Kreativität und den damit verbundenen wirtschaftlichen Nutzen nach wie vor (noch) nicht. 

Kreativität braucht Freiheit und Durchhaltevermögen – Jean-Remy von Matt sprach auf dem Summit über die Voraussetzungen für gute Ideen.

Die Notwendigkeit von Mut und Risikobereitschaft

Was braucht es also? Vor allem Mut – den Mut anderer Branchen und Bereiche, neue Ideen gemeinsam mit der Kreativwirtschaft zu entwickeln und umzusetzen, auch wenn der Weg steinig ist. “Ideen sind nichts wert, wenn man nicht den Mut hat, sie umzusetzen”, so Jean-Remy von Matt (Gründer der Kreativagentur Jung von Matt) in seiner Keynote zum Titel “Ideen bringen nichts. Erkenntnisse nach fünf Jahrzehnten in der Kreativwirtschaft”. 

Die Zukunft sei gestaltbar und damit spannender als die Vergangenheit. Doch welche Bedingungen braucht es, damit gute Ideen nicht nur entstehen, sondern auch umgesetzt werden? Als Werbetexter hat Jean-Remy mittlerweile das Glück, echte Wertschätzung für seine Kreativität zu erhalten. Doch das war nicht immer so und nach 50 Jahren in der Branche weiß er: Ideen allein bringen nichts. Eine kreative Idee sei wie ein Streichholz: Wenn sie nicht zündet, bleibt sie wirkungslos – zumindest, wenn sie bis zur Unkenntlichkeit zerredet, von Bürokratie erstickt oder schlicht nicht mutig genug umgesetzt wird. Kreative Ideen sind für den Werbetexter ein hochwirksamer Stoff, aber eben auch leicht verderblich. Was fehlt, sind nicht mehr Ideen, sondern mehr Menschen, die diesen Ideen folgen.  

Ideen sind nichts wert, wenn man nicht den Mut hat, sie umzusetzen

“Es braucht mutige Entscheider:innen, die nicht mit ‘Ja, aber…’ reagieren, sondern mit ‘Warum nicht?’”. Erfolg ist oft eine Frage des investierten Muts – in der Politik, in der unternehmerischen Landschaft. Das lässt sich gut mit Geldanlagen vergleichen: Je höher das Risiko, desto höher der mögliche Ertrag. In der aufgeführten Analogie wären Kreative dann wohl das Risiko, denn sie sind alles, außer gewöhnlich: Sie stehen immer auf der Kante zwischen Kalkül und Gefühl, zwischen Chaos und Ordnung – aber genau das macht sie so wertvoll. Ohne Kreativität gibt es keine Innovation, kein Wachstum, kein Überleben, keinen wirtschaftlichen Ertrag. Und der kann hoch ausfallen, wenn Unternehmen Kreative nicht mehr als notwendiges Übel behandeln, sondern als diejenigen, welche den entscheidenden Unterschied machen. 

Zugegebenermaßen: Kreative Menschen erfordern Geduld, Toleranz und eine Unternehmenskultur, die Improvisation erlaubt, so Jean-Remy. Regeln und Exzentrik stehen sich zwar oft im Weg, doch echte Innovation entsteht genau an dieser Reibungsfläche. Um die Energie dieser Reibung nutzbar zu machen, braucht es Kreatope: Räume, in denen diese Gegensätze harmonieren und Kreative ihr Potenzial entfalten können.

Und dann? Der Schlüssel zum Erfolg in der Kreativwirtschaft liegt wie gesagt nicht nur in der Idee selbst, sondern auch in der Fähigkeit, diese Idee trotz aller Bedenken und Widerstände zu realisieren.

Der GCES 2025 in Hamburg unterstreicht: Kreativwirtschaft ist Treiberin von Wandel, Innovation und Demokratie – sie braucht Mut, Wertschätzung und Freiräume, um ihr Potenzial voll zu entfalten.

Das kreative Potenzial freisetzen und mehr zusammenrücken

Der GCES 2025 in Hamburg hat einmal mehr eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig die Kreativwirtschaft für den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel ist. Sie ist der Motor für Demokratie, nachhaltige Innovation, wirtschaftlichen Erfolg und auch eine umsatzstarke Wirtschaftsbranche in sich. Doch damit sie ihr volles Potenzial entfalten kann, braucht sie nicht nur Wertschätzung und mutige Entscheidungsträger:innen, sondern auch eine politische und bürokratische Entlastung. Kreative müssen ermutigt werden, ihre Ideen ohne Angst vor übermäßigen Regulierungen oder politischem Widerstand umzusetzen. Nur so können wir eine Zukunft schaffen, in der Kreativität und Gemeinschaft als die wahren Triebfedern für eine erfolgreiche Gesellschaft gelten.

Das Jahr 2025 könnte damit der Wendepunkt sein, an dem die Kreativwirtschaft als gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Schlüsselfaktor, als wertvolle Kompliz:innen für die Gestaltung einer lebenswerten Zukunft wahrgenommen wird – vorausgesetzt, wir schaffen die nötigen Bedingungen für ihr Gedeihen und rücken auch innerhalb der 11 Teilmärkte näher zusammen. Zukunft ist Zusammenarbeit. Let’s join creative forces!

Fast zwei Millionen Erwerbstätige sind in der KKW tätig. Dies entspricht rund vier Prozent der Erwerbstätigen der deut­schen Gesamtwirtschaft.*

*Quelle: Monitoringbericht Kultur- und Kreativwirtschaft 2024


Die KKW hatte 2023 rund 205 Milliarden Euro Umsatz.*

*Quelle: Monitoringbericht Kultur- und Kreativwirtschaft 2024

Buchbranche: KI verändert Lektorat, Urheberrecht und Übersetzung. 

Werbung: Automatisierung ersetzt Agenturleistungen, Beschäftigungszahlen stagnieren.  

Musik: Streaming 2.0, Abo-Modelle und E-Commerce als neue Einnahmequellen.  

Design & Mode: KI ersetzt Fotograf:innen und Models, GEMA klagt gegen OpenAI.  

Games & Software: Wachstum durch steigende Umsätze und staatliche Förderung.  

Architektur: Abhängigkeit von Bauwirtschaft und steigenden Materialpreisen.

Darstellende Künste: Erholung nach Corona, hybride Bühnenformate als Zukunftstrend.

Kunstmarkt: Umsatz über Vor-Corona-Niveau, Debatte um KI-generierte Kunst.

Pressemarkt: Digitale Echokammern erschweren die Glaubwürdigkeit, Verantwortung der freien Pressehäuser zur Meinungsbildung steigt.

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Nina Palme

Kommunikation

0151 / 1290 4638

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