Das Elektrische Frequenz Arrangement (EFA) 

und die Stärkung der Elektro-Akustik-Community in Thüringen

Toni Materne aus Erfurt begeistert sich seit seiner Jugend für die Produktion von Musik und ist seit 2022 selbständig als Trainer, Tontechniker und Produzent mit seinem Label Tinnibo – Sound Solutions unterwegs. Seit 2022 baut er zudem mit seinem Musikerkollegen und Freund Stephan Ratajczak (Exit-To-Love Records) das Netzwerk Elektrisches Frequenz Arrangement (EFA) auf. Im Fokus der Musikbildungsinitiative stehen Musiker:innen, Produzent:innen und DJs, die sich für Musikproduktion im Live-Betrieb und Elektro-Akustik interessieren. Ziel des Netzwerkes ist die Stärkung der Community in Thüringen sowie Weiterbildungsangebote. Einmal im Jahr richtet das EFA ein Jahrestreffen mit spannenden Workshops, Vorträgen und Live-Performances aus. Dieses Jahr können Musikbegeisterte am 4. und 5. Oktober die verschiedenen Facetten der Elektro-Akustik im Klubhaus Kickerkeller in Erfurt erforschen. Eingeladen sind Profis aus der Musikbranche, aber auch interessierte Laien und Kreative aller Art. Wir sprachen mit dem Gründer über die Vision des Netzwerks und was uns in diesem Jahr bei der EFA 2024 erwarten wird.

Toni Materne ist seit 2022 selbstständig unter seinem Label Tinnibo – Sound Solutions unterwegs und Mitgründer des EFA.

Wie entstand die Idee zur Gründung von EFA und was war eure Motivation dahinter?

Die Idee zur Gründung von EFA entstand ursprünglich durch eine Veranstaltung im KulturQuartier in Erfurt, die Wolfram Both 2019 initiiert hatte. Er suchte eine Crew für die „Intergalaktische Zukunftsmusik Konferenz“, ein Event mit Mini-Festival-Charakter. Es gab dort Live-Musik auf einer Wiese, kleine Workshops für Kinder, ein Theaterstück mit einem DJ und einer Schauspielerin aus den Niederlanden sowie Essen und Getränke. Wir haben Musiker:innen aus der DJ-Szene eingeladen und sie gefragt, wie sie ihre Musik produzieren. Man konnte hautnah erleben, wie sie ihren kreativen Prozess gestalten. Dabei fiel uns auf, dass die Fachbegriffe, die sie nutzten, viele Laien im Publikum überforderten – sie wussten oft nicht, was sie fragen sollten. Obwohl die Veranstaltung faszinierend war, entstand bei uns der Wunsch, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Ein Workshopangebot, bei dem die technischen Aspekte der Musikproduktion zugänglicher und verständlicher erklärt werden. 

Wie ging es danach weiter?

2022 haben Stephan Ratajczak und ich dann unser eigenes Weiterbildungsangebot im kleineren Rahmen entwickelt. Wir haben eine Förderung für den Kultursommer 2022 in Erfurt beantragt und unsere “Nerd-Community” zusammengetrommelt – Leute aus unserem Umfeld und sogar einen Synthesizer-Hersteller. Plötzlich hatten wir einen Raum bei RADIO F.R.E.I und jemanden, der Synthesizer und Drum Machines erklären konnte. Wir haben Geräte gezeigt und live genutzt und abends gab es eine Live-Performance mit den Daberstedter Ghettobeats und Frank Fairlight. Die Leute waren begeistert, als sie erkannten, dass die Musik wirklich live produziert wird. Zu diesem Zeitpunkt keimte die Idee auf, einmal im Jahr ein größeres Event mit Workshops, Netzwerkmöglichkeiten für die Szene und Live-Veranstaltungen in Erfurt anzubieten. Dafür suchten wir Unterstützer:innen aus der Musikszene, die wir anfangs vor allem von einem Elektro-Akustik-Kollektiv aus dem Kassablanca in Jena erhielten. Das Netzwerk EFA war geboren und kurz darauf auch gegründet. Seit 2022 bringt Stephan seine kreative Ideen ein und ich kümmere mich um die Organisation. Mittlerweile sind wir zu einem kleinen, aber feinen Netzwerk von Leuten aus der lokalen Musikbranche gewachsen, mit deren Unterstützung wir mehrmals im Jahr Live-Events, Workshops, aber auch unser Jahrestreffen des EFA umsetzen.

Was waren die größten Herausforderungen in den ersten Jahren nach der Gründung?

Es ist zwar möglich, dass wir durch die Unterstützer:innen unserer Idee viele unserer Workshops und Events kostenlos anbieten, aber das würde auf Dauer nicht der Arbeit gerecht werden, die die Referent:innen und Live-Acts mit so viel Leidenschaft und Herzblut investieren. Es ist uns wichtig, ihnen in Zukunft noch mehr Wertschätzung entgegenzubringen und angemessene Gelder zu akquirieren, um ihre Arbeit zu honorieren. Nur so kann das Netzwerk und die lokale Musikbranche weiter florieren und neue Talente unterstützen. Und das lohnt sich richtig, denn in Erfurt, aber auch in Jena gibt es eine lebendige Szene von kreativen Köpfen. Deshalb freuen wir uns über weitere Unterstützer:innen und interessierte Förder:innen für unser Netzwerk.

Was erwartet die Menschen zum EFA 2024?

Das EFA bietet den Teilnehmenden an zwei Tagen eine Fülle an Aktivitäten und Möglichkeiten, sich sowohl musikalisch als auch kreativ auszutoben. Das Programm richtet sich nicht nur an professionelle Musiker:innen und Produzent:innen, sondern auch an Menschen, die einen Einblick in die Welt der Musikproduktion bekommen möchten. Der erste Tag ist geprägt von Basic-Workshops, in denen Newcomer:innen die Möglichkeit haben, sich mit Musikgeräten wie Synthesizern vertraut zu machen, zu lernen, wie diese funktionieren und welche Kosten auf sie zukommen. Ein Highlight des ersten Tages ist die Open Jam Session, bei der man sich mit anderen Musiker:innen austauschen und gemeinsam spielen kann – auch wenn man noch kein eigenes Gerät besitzt – wir haben eine Menge cooler Technik im Gepäck.

Am zweiten Tag steht ein Workshop mit Hannes Fertala an, der aus alten Spielkonsolen wie Gameboys Chiptune-Musik macht, sowie eine Live-Performance mit elf Elektro-Akustik-Acts auf dem Programm. Dabei wird unter anderem das Thema Sounddesign aufgegriffen. Zudem gibt es vielfältige Möglichkeiten zum Netzwerken, etwa an der Bar. Auch Kreative aus anderen Bereichen der Kreativwirtschaft sind herzlich willkommen, da sich hier oftmals spannende Synergieeffekte ergeben. Ein interessantes Beispiel dafür ist das Side-Projekt zum EFA 2024 von Stephan namens „Sonus Orbis – Klang der Stadt“, das er gemeinsam mit einem Maler realisiert hat. Hierbei findet am 28. September ab 19.00 Uhr eine besondere Empor-Session in der St.-Georg-Kirche in Erfurt statt, bei der der Künstler speziell für dieses Ereignis Bilder gemalt hat. Diese Werke können von Besucher:innen in der Kirche betrachtet werden, während im Hintergrund Ambient-Musik gespielt wird. Visuelle und musikalische Elemente verschmelzen so miteinander.

Ansonsten freuen wir uns auf eine offene und inklusive Atmosphäre im Klubhaus Kickerkeller am 4. und 5. Oktober. Hier sind alle willkommen, unabhängig von ihrer Erfahrung und eingeladen, sich kreativ zu entfalten und neue Synergien zu entdecken. Insgesamt bietet das Event eine einmalige Plattform, um kreative Menschen zusammenzubringen, voneinander zu lernen und gemeinsam Musik zu erleben.

Wie wichtig ist euch die Unterstützung der Thüringer Musikproduktion?

Der Austausch und die Vernetzung zwischen lokalen Musikschaffenden, Produzent:innen und DJs ist uns enorm wichtig und das zeigt sich in zwei Aspekten. Einerseits ist da die Perspektive der Musikschaffenden selbst: Wenn man anfängt, Musik zu machen, passiert das häufig allein am Laptop und man sucht sich Wissen durch Tutorials oder Online-Kurse. Doch dabei fehlt oft das direkte, menschliche Feedback, das enorm wertvoll ist, um neue Ideen zu entwickeln und kreative Blockaden zu überwinden. Genau hier setzen lokale Community-Events und -Netzwerke wie das EFA an. Sie bieten die Möglichkeit, sich mit anderen vor Ort auszutauschen, Fragen zu stellen und sofort Feedback zu bekommen. Man trifft Menschen, die einen mit frischen Perspektiven inspirieren und von denen man direkt lernen kann. Dieser persönliche Austausch ist durch nichts zu ersetzen und schafft ein starkes Netzwerk, in das man unmittelbar eingebunden wird.

Andererseits geht es auch um die Perspektive als Konsument:in. Viele Menschen erleben DJs oft nur oberflächlich, indem sie auf Partys die Musik hören, ohne zu verstehen, wie viel Können und Technikverständnis dahinterstecken. Bei unseren Events erhält man einen tieferen Einblick in die Prozesse und die Skills, die nötig sind, um elektronische Musik live zu performen. So wächst die Wertschätzung für die Künstler:innen auf der Bühne. Dieser direkte Zugang, sowohl als Teil der Community als auch als Konsument:in, macht unsere Veranstaltungen so besonders – und unserer Meinung nach so elementar.

Gibt es besondere Kooperationen oder Partnerschaften, die für euch von Bedeutung sind?

Eine enge Zusammenarbeit besteht mit dem Auerworld Festival in Thüringen, bei dem wir regelmäßig Synthesizer-Workshops anbieten. Diese Workshops sind immer sehr gut besucht und aufgrund der hohen Nachfrage passen wir unsere Konzepte ständig an, um allen Teilnehmenden gerecht zu werden. Dabei greifen wir auch auf unsere Community zurück und holen uns Unterstützung, wenn nötig.

Eine weitere wertvolle Partnerschaft haben wir mit Ronny Lessau und dem Kreativgarten Festival auf der ega sowie mit der Bürgerinitiative Erfurt. Mit ihnen arbeiten wir an verschiedenen Projekten, wie etwa dem nachhaltigen Adventsmarkt oder der Mobilitätswoche. Hier entwickeln wir spezielle Inhalte, zum Beispiel Klangexperimente mit Alltagsgeräuschen aus der Stadt – vom Geräusch eines Busses bis zur Fahrradklingel. Diese lokalen Kooperationen ermöglichen es uns, innovative Formate zu gestalten und unser kreatives Netzwerk stetig zu erweitern. Darüber hinaus sind wir immer auf der Suche nach neuen Partner:innen, um unsere Idee der Klangästhetik in weitere Bereiche zu tragen.

MIDI Workshop des EFA.

Welche Pläne habt ihr für die Zukunft des EFA? 

Für die Zukunft haben wir einige spannende Visionen, auch wenn sie derzeit eher noch wie ein kleiner Traum erscheinen. Eine Expansion in andere Städte oder Länder ist nicht ausgeschlossen, aber dafür bräuchten wir ein festes Team, das sich dauerhaft um wichtige Bereiche wie Promotion und Netzwerkaufbau kümmert. Ein Vorbild für uns ist das Superbooth-Event in Berlin, Europas größtes Synthesizer- und Nerd-Treffen, das Menschen aus ganz Europa anzieht. So groß wollen wir das EFA nicht aufziehen, aber die Vorstellung, eines Tages eine Messe mit mehreren hundert Teilnehmenden zu veranstalten, bei der es Workshops, Live-Performances und Raum für Austausch gibt, ist durchaus reizvoll. Momentan arbeiten wir mit einem kleinen Kernteam, zu dem kürzlich David Schöne gestoßen ist. Er ist Musiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter und bringt viel Know-how im Bereich IT und Visuals mit. Gemeinsam organisieren wir viel und freuen uns, dass unser Netzwerk immer größer wird. Bis dahin sind wir voller Vorfreude auf das EFA 2024 und viele interessierte Teilnehmer:innen. Das komplette Programm findet man auf unserer Webseite.

Kontakt

Toni Materne
Mail: mail@tinnibo.com
Tel.: +49 176 84577344

Kommende Termine

04.-05.10.24 – Elektrisches Frequenz Arrangement 2024
01.11.24 – Kooperation BNE-Garten (Petersberg, Erfurt) zum Thema „Nebel“

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Kontaktiere mich!

Nina Palme

Kommunikation

0151 / 1290 4638

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