Ungewöhnliche Bühnendesigns mit viel Raum für Interpretation

Im Interview mit Szenograf Alexander Grüner aus Erfurt

Alexander Grüner ist freiberuflicher Szenograf und fokussiert sich mit seiner Arbeit auf die Bereiche des Bühnen- und Kostümbilds. Bisher hat der junge Kreativschaffende Projekte für verschiedene Theater im deutschsprachigen Raum realisiert, unter anderem das Deutsche Nationaltheater Weimar (DNT), das TAK Theater Liechtenstein, die Staatsoperette Dresden, das Theater in der Josefstadt Wien sowie das Renaissance Theater Berlin. Seine gestalterischen Schwerpunkte liegen vor allem auf konkreten Bühnenräumen, bespielbaren Bühnendesigns und modischen, aber auch elektrischen Kostümen. Alexanders freie Arbeiten sind zudem regelmäßig in Erfurt zu bestaunen, wie zuletzt die Auftragsarbeit „Zweigleicheins“ im Rahmen des Tages der Deutschen Einheit oder die kreative Brückenkonstruktion „Nordlicht“ in Gispersleben im Zuge der BUGA 2021. Wir wollten mehr über den umtriebigen Thüringer erfahren und haben Alexander zu heißem Kaffee in seinem Studio in der Saline 34 getroffen.

Was ist ein Szenograf und was fasziniert dich an diesem Beruf?

Szenografie wird als Weiterentwicklung des klassischen Bühnenbilds verstanden beziehungsweise auch als “Kunst der Inszenierung im Raum”. Neben der Verortung im Theaterbereich findet man Szenografie auch in künstlerischen Ausstellungen: Performances und Installationen sind wesentliche Bestandteile szenografischer Arbeiten, die sich in der freien Kunst wiederfinden.

Mich fasziniert an der Szenografie, dass ich durch meine Arbeit am Theater jedes Mal neue Perspektiven für Stücke finden kann. Auch wenn die Texte zum Teil über 2000 Jahre alt sind, kann ich diese durch zeitgenössische und ungewöhnliche Bühnendesigns immer wieder neu erzählen. Durch meinen konkreten und klaren Stil bekommen die Bühnen zudem eine Ebene, die viel Raum für Interpretation lässt. Wenn ich sehe, wie die Arbeit der Darsteller:innen zusammen mit meiner wochenlangen Vorbereitung und Gestaltung eine Symbiose eingeht, bedeutet das für mich enorme persönliche Erfüllung.

Warum hast du dich für die Welt des Theaters entschieden?

In meiner Jugendzeit habe ich mich bereits immer wieder am Theater herumgetrieben. Damals vor allem als Musiker in verschiedenen Jugendtheaterproduktionen. Mir gefällt seither das Flair in diesen Häusern und der Alltag ist sehr facettenreich und unvorhersehbar.

Nach meinem Studium der Medienkunst an der Bauhaus-Universität in Weimar überlegte ich zunächst, in welche Richtung ich mit meiner kreativen Arbeit gehen will. Dann habe ich mich wieder an die Zeit am Theater erinnert und schließlich in Erfurt am Theater hospitiert. Als dann eine Stelle als Ausstattungsassistent am DNT Weimar ausgeschrieben wurde, habe ich mich beworben und die Richtung war klar. Es folgten weitere Assistenzen für mehrere Produktionen, durch die ich wertvolle Erfahrungen für meine Projekte sammeln konnte. Neben Ausstattungen während meiner Assistenz folgten Anfragen von anderen Theatern. Wie von selbst ebnete sich der Weg in die Selbstständigkeit, mit dem ich seit Sommer 2020 sehr glücklich bin.

Welche Projekte sind dir besonders in Erinnerung geblieben?

Aus meiner Assistenzzeit denke ich besonders gern an die Koproduktionen der Theater Weimar, Luxemburg und Liechtenstein zurück, wo ein Monologabend „Identität Europa“ entstand. Aus dieser Zusammenarbeit keimte eine Verbindung zum TAK Theater auf, welche bis heute anhält: Zuletzt die Produktion „Die Welt im Rücken“ von Thomas Melle, wo wir eine spannende, sehr zuschauernahe Bühnensituation geschaffen haben. Bei der Produktion aus diesem Jahr „Happy End” (nach dem Buch von Elisabeth Hauptmann) am Renaissance Theater in Berlin, entstand ein moderner Schaukasten, der als Bühne fungierte, war jedoch nur ein Teil einer insgesamt sehr witzigen und unkonventionellen Produktion. Natürlich erinnere ich mich auch gern an die Produktion in Wien (Theater an der Josefstadt) oder an meine Stücke am DNT, wie zuletzt Othello mit der Bühne aus mehreren transparenten Ebenen aus Fadenvorhängen. Auf meiner Webseite kann man einen Einblick in meine bisherigen Projekte und in die, die gerade in Planung sind, bekommen. Derzeit ist mein Kalender ziemlich voll, was für einen jungen Szenografen natürlich super ist.

»3+40 Widerscheine«, Installation am Kulturquartier Erfurt, Foto: Paul-Ruben Mundthal.
»Othello« am Deutschen Nationaltheater Weimar, Foto: Candy Welz.

Wie kann man sich den kreativen Prozess von der ersten Idee bis zur fertigen Bühne vorstellen?

Zunächst wird man von einem Theater, einer Regisseurin oder einem Regisseur angefragt. Mit der Anfrage bekomme ich meist gleichzeitig den Stoff des Stückes zugesandt, um mir erste Gedanken machen zu können. Hiermit beginnt schon der Teil des kreativen Prozesses, in dem ich anfange zu tüfteln und herumzuprobieren. Das tue ich für Bühnengestaltungen immer mithilfe von Modellen, die ich hier in meinem Studio selbst herstelle und nach Fertigstellung mit dem Theater und der Regie bespreche. Wird der Entwurf angenommen, entsteht in Zusammenarbeit mit den technischen Abteilungen vor Ort ein 1:1 Modell, durch das sich Machbarkeit und Umsetzung testen lassen. Mit den Ergebnissen im Gepäck folgt die Herstellung der finalen Bühnenkonstruktionen auf Basis meines Modells und technischer Zeichnungen. Während der Anfertigung laufen dann auch die Proben. Im Laufe dieser Phase wird das Bühnendesign immer wieder angepasst und in Hinblick auf seine Funktionalität perfektioniert.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben und was inspiriert dich dazu?

Realistische Bühnen zu kreieren, ist nicht so meins. Es geht mir vielmehr darum, die Subebenen mitzudenken, Atmosphäre und Emotionalität zu kreieren. Das gelingt mir durch Materialität der Bühne und dem Spiel mit Kubaturen, Farben, Konstruktionen und natürlich Funktionen. Ob Fadenvorhänge, Schleier und Folien, welche transparente und opake, feste Räume bilden, moderne Kuben, mit Teppich belegte riesige Treppen oder Metallkonstruktionen – bei meinen Gestaltungen kann jede:r Zuschauende seine oder ihre eigene, individuelle Bedeutung herausfiltern. Meinen Stil würde ich als konkret bezeichnen. Eine Kunstform, die im Vergleich zum Abstrakten keine symbolische Bedeutung beinhaltet und aus dem Zusammenspiel von Farbe und Form erwächst.

Zu meinen Projekten inspirieren mich vor allem Beispiele aus der bildenden Kunst, Installationen, aber auch die Arbeiten von Lichtkünstler:innen. Neben dem Besuch von Ausstellungen, wie das Neue Museum in Weimar, oder meine ganz persönliche Empfehlung: Das Kunstmuseum in Liechtenstein, verwende ich auch gerne digitale Inspirationsquellen, wie Pinterest, Google und Instagram.

Welche Projekte würdest du gerne in Zukunft noch umsetzen?

Ein Wunsch von mir wäre, Bühnen für Konzerte zu entwerfen. Zu häufig sind hier die Gestaltungen wenig mitgedacht, dabei lassen sich Musik und Licht mit Raumentwürfen viel mehr verbinden, um so Konzerte für Zuhörer:innen zu einem einmaligen Erlebnis zu machen, das nachhaltig in Erinnerung bleibt.

Kontakt

ALEXANDER GRÜNER
Mail: info@alexander-gruener.de
www.alexander-gruener.de
Studio: Salinenstraße 34, 99086 Erfurt
Instagram: @axdrgrn

»Die Welt im Rücken« am Theater am Kirchplatz Liechtenstein, Foto: Ilja Mess
»Die Ehe der Maria Braun« am Deutschen Nationaltheater Weimar, Foto: Candy Welz

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