Sinn-Ökonomie im kreativen Alltag leben und kommunizieren

Im Gespräch mit Claudia Zech - Informationsdesignerin aus Erfurt

Was bedeutet eigentlich “Sinn-Ökonomie“? Wie lebe ich diese als Kreativschaffende:r in meinem beruflichen Alltag? Und: Wie relevant ist dieser Begriff für die Designbranche als solche?

Informationsdesignerin Claudia Zech hat sich auf nachhaltige Kommunikation spezialisiert. Ihre persönlichen und kreativen Werte begleiten sie bei jedem Projekt und spielen auch in der Kommunikation mit Kund:innen eine wichtige Rolle. Ihr innerer Kompass, der ihr hierbei den Weg weist, bedeutet gleichzeitig für sie eine klare Positionierung auf dem Markt, die sie einzigartig macht. Doch wie läuft das im beruflichen Alltag dann eigentlich genau ab, wenn man auf Mission mit den eigenen Werten geht? Wir haben Claudia Zech in ihrem Büro im Wächterhaus in Erfurt zum Interview getroffen und mehr erfahren – vor allem darüber, wie wichtig das Wort “Nein” für sie geworden ist.

Informationsdesignerin Claudia Zech aus Erfurt. 

Claudia, klär‘uns auf: Was bedeutet nun „Sinn-Ökonomie“?

“In einer Sinn-Ökonomie setzt man sich für das nachhaltige Handeln im unternehmerischen Kontext ein. Sie besteht dabei aus vier Teilen: Da wäre zum einen die ökonomische Resilienz, die ethische Unternehmensführung, die ökologische Integrität und das soziale Wohlergehen. Ich betrachte die Sinn-Ökonomie vor allem unter dem Begriff der unternehmerischen Haltung, bei der ich meine Werte vertreten und umsetzen kann. Hierbei geht es um Fragen wie: Wie kann ich meine Werte durch meine kreative Arbeit an andere vermitteln? Wofür übernehme ich Verantwortung bei der Umsetzung von Aufträgen? Wie kann ich mit meinem Schaffen einen Nutzen für Umwelt und Gesellschaft erzielen?”

Was meinst du konkret mit Nutzen” erzielen?

“Bei jedem Auftrag ist der Nutzen für Auftraggebende, Endkund:innen und Umwelt relevant. Dabei sollte das entstandene Produkt oder Design keinem der drei Seiten schaden. Mensch und Natur stehen bei der Umsetzung und Entwicklung im Mittelpunkt. Das unterscheidet die klassische Ökonomie – Profitorientierung – von der Sinn-Ökonomie – Profit mit nachhaltigem Nutzen.”

Was meinst du konkret mit “Nutzen” erzielen?

“Bei jedem Auftrag ist der Nutzen für Auftraggebende, Endkund:innen und Umwelt relevant. Dabei sollte das entstandene Produkt oder Design keinem der drei Seiten schaden. Mensch und Natur stehen bei der Umsetzung und Entwicklung im Mittelpunkt. Das unterscheidet die klassische Ökonomie – Profitorientierung – von der Sinn-Ökonomie – Profit mit nachhaltigem Nutzen.”

Wie wählst du Projekte nach diesen Aspekten entsprechend aus?

 “Vielmehr würde ich fragen, welche Projekte wähle ich nicht aus. In meinen Anfangsjahren als Informationsdesignerin habe ich schon Aufträge abgelehnt, die ich bewusst nicht unterstützen wollte. Mit jeder Absage für ein Projekt schicke ich eine Begründung mit, die meine Werte bekräftigen und individuell aufzeigen, warum der Auftrag diesen widerspricht. Was mich oft überrascht: Viele dieser Kund:innen kommen trotz des Neins wieder. Und das hat einen bestimmten Grund: Ich mache häufig einen Gegenvorschlag zur ursprünglichen Projekt-Idee, der meinen Werten entspricht und einen Nutzen für Kundschaft, Unternehmen und Umwelt hat. Wenn ich alles einfach kategorisch ablehnen würde, das ich nicht unterstützen möchte, kann ich nämlich im Umkehrschluss auch nichts bewirken und verändern.

„Mein Tipp:
Habt stets den Mut, Dinge bei euren potenziellen Auftraggebenden kritisch
zu hinterfragen. Auf dieser Grundlage können bessere Lösungen entwickelt werden.“

Und selbst wenn – trotz Gegenvorschlag – keine Zusammenarbeit zustande kommt, da kein Veränderungswillen bei potenziellen Kund:innen zu spüren ist, gewinnt man Zeit für andere Projekte.”

Wie kommunizierst du mit Kund:innen, um letztendlich nachhaltige Lösungen zu erreichen?

“Nachdem mein Auftraggeber oder meine Auftraggeberin mit einer ersten Idee gekommen ist, prüfen wir diese zum Beispiel gemeinsam in einem Workshop. Die Arbeit an einer gelungenen Konzeption, die Wertekommunikation beinhaltet, hat insbesondere im gemeinsamen Austausch Sinn – das schafft zuerst einmal vor allem gegenseitiges Verständnis. Das Gesagte wird im Workshop von mir skizziert festgehalten und bildet die Grundlage für den weiteren Gestaltungsprozess. Im besten Fall nehmen an diesem Workshop Mitarbeitende, die Geschäftsleitung und der oder die Marketingverantwortliche teil, um Kernziele des Unternehmens und des auszuführenden Projekts zu erfassen.

Gestaltung ist übrigens nicht der Teil, der am Ende alles hübsch macht – Designer:innen sollten von Anfang an in Projektprozesse eingebunden sein. Dies macht eine nachhaltig gelungene Unternehmenskommunikation möglich.”

Wann wurden deine inneren Werte Teil deiner unternehmerischen Haltung und wieso?

“Konkret wurde die Verbindung aus gestalterischem Schaffen und inneren Werten als ich meine freien Projekte an Uni und Hochschule umgesetzt habe. Nachhaltigkeit in Verbindung mit Design sind seitdem für mich zu einem ganzheitlichen Thema geworden. In meiner Masterarbeit ging es beispielsweise um effektive Nachhaltigkeitskommunikation für mehr Transparenz im Bio-Label-Dschungel.

Hierbei habe ich mich verstärkt mit der SMART-Methode auseinandergesetzt, die Nachhaltigkeitsbemühungen in landwirtschaftlichen Betrieben und Unternehmen aus dem Lebensmittelsektor anhand der vier Säulen der Sinn-Ökonomie überprüft.

Zudem bin ich in dieser Zeit Veganerin geworden. 2011 war das noch längst nicht so etabliert, wie heutzutage und ich hatte oftmals damit zu kämpfen, zu kommunizieren, warum ich mich so ernähre und welchen Einfluss das auf Tier, Mensch und Natur hat. Als Kommunikationsdesignerin wurde mir klar: Ich habe alle Tools zur Verfügung, um derartig komplexe Themen visuell und verständlich zu vermitteln und durch das Medium der Ästhetik darauf aufmerksam zu machen. Statt mit Fingerzeig lieber mit einer guten Prise Humor.”

Welche “Macht” hat Design eigentlich und wie sollten Designer:innen sie zukünftig nutzen?

Design ist Verantwortung, Verantwortung ist Design. Designer:innen können zwar nicht die Welt verändern, aber Ideen für eine bessere Welt entwickeln. Daher ist es auch umso elementarer, dass uns Unternehmen als Berater:innen für innovative Lösungen wahrnehmen und das auch entsprechend honorieren. Wir können die Werte und Ziele unserer Gestaltungen selbst bestimmen und uns dafür entscheiden, wie wir unsere Kompetenzen einsetzen. Zu den Dingen zu stehen, die uns wichtig sind, macht uns weniger austauschbar und zum Experten oder zur Expertin für unsere Herzensthemen.”

Claudia Zech 

Als Informationsdesignerin und Geschäftsführerin des Unternehmens InfoDesign Claudia Zech baut sie Brücken zwischen Auftraggebern und Endkunden und löst so bestehende Kommunikationsprobleme – immer mit dem Blick auf die ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge des jeweiligen Projekts.

Sie ist davon überzeugt, dass jedes Unternehmen einen wertvollen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten kann, wenn bereits von Anfang eines Projektes nachhaltige Aspekte mittels effektiver Informationsvermittlung in die Arbeit einfließen. So können nicht nur Ressourcen besser genutzt, sondern auch gesellschaftliche Probleme erkannt und angegangen, sowie komplexe Zusammenhänge verständlich gemacht werden.

Kontakt

InfoDesign Claudia Zech
www.claudiazech.de
mail@claudiazech.de
@claudieze


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