Rebelle Film: kreativ, weiblich, wegweisend

Mit Fördergeld zur Filmrevolution: Drei Gründerinnen starten durch

Die Filmbranche sozial nachhaltiger gestalten, indem Werte wie Gleichberechtigung und Diversität gelebte Realität werden und mit einem besonderen Fokus auf die Stärkung von Frauen in Schlüsselpositionen. Das haben sich die drei Gründerinnen von Rebelle Film auf die Fahne geschrieben, die sich nun durch die Thüringer Gründungsprämie voll und ganz auf die Gründung ihrer Filmproduktion vorbereiten können. Im Interview erhielten wir Einblicke in den Antragsprozess der Gründungsprämie, ihre Filmproduktion und welche Rolle Frauen dabei (nicht) spielen.

Rebelle Film will die Branche verändern: Mit Fokus auf Gleichberechtigung, Diversität und starken Frauen in Schlüsselpositionen bereiten sich die Gründerinnen dank Thüringer Gründungsprämie auf ihre Filmproduktion vor.

Wer seid ihr und was ist eure Gründungsidee?

Chiara Fleischhacker: Rebelle Film sind Charlene Kilthau, Svenja Vanhoefer und ich. Charlene lernte ich beim Reisestipendium zis (Stiftung für Studienreisen) kennen und Svenja bei einem Pitch an der Filmakademie Baden-Württemberg, wo sie sich als Producerin vorgestellt hat. Als ich 2019 nach Erfurt zog, begann ich an meinem ersten Langzeitspielfilm “Vena” zu schreiben. Charlene hat mich dabei neben ihrem Studium bei der Recherche und Entwicklung unterstützt. Svenja hat den Film von Anfang an als Producerin und im Zuge unserer Diplomarbeit unterstützt. 

Unsere Gründungsidee entstand während des Filmdrehs von Vena. Wir haben gemerkt, wie sehr wir an unsere körperlichen und mentalen Grenzen stoßen und dass, obwohl wir ein sehr weibliches Team waren, die großen Entscheidungen, die auch Drehbedingungen prägen, nicht von Frauen getroffen werden. Wir haben überlegt, was wir aus der intensiven Zeit mitnehmen und entwickelten daraufhin unser Konzept. Unsere Vision ist es, die Filmbranche sozial nachhaltiger zu gestalten. Wir wollen die großen Defizite, die es in den Bereichen Diversität und Gleichberechtigung sowie Frauen in Schlüsselpositionen gibt, angehen. Darüber hinaus treiben wir progressive Werte voran und setzen mit unseren Produktionen und unserer Arbeitsweise ein Zeichen für Demokratie und Empathie. Dabei steht auf dem Plan, innovative Ansätze aus anderen Branchen einzubeziehen, die in der Filmbranche noch nicht angekommen sind. Die Vereinbarkeit von Beruf und familiären Care-Verpflichtung, die nach wie vor überwiegend Frauen übernehmen, spielt dabei eine große Rolle.

Was ist eure Motivation, diese Gründungsidee gemeinsam zu starten? 

Chiara: Während der Zeit, in der Vena produziert wurde, ist mir bewusst geworden, dass in unserer Branche zwar viele Frauen arbeiten, in finanzieller Verantwortung aber überproportional viele Männer stehen. Ich wünsche mir eine Welt, in der in Entscheidungspositionen Menschen sitzen, die unsere Gesellschaft repräsentieren und ihre Macht nicht gegen, sondern für sie einsetzen.

Svenja Vanhoefer: Auch die Stärkung von weiblichen Talenten vor und hinter der Kamera sowie die Gestaltungsfreiheit sind ein wichtiger Punkt. Mit Rebelle Film wollen wir künstlerische Qualität mit gesellschaftlicher Relevanz und wirtschaftlicher Innovation verbinden – und Filme sowie Serien produzieren, die bewegen, inspirieren und langfristig nachwirken. Uns alle motiviert vor allem auch, dass wir in dieser Konstellation längerfristig zusammenarbeiten und gemeinsam wachsen können.

“Ich wünsche mir eine Welt, in der in Entscheidungspositionen Menschen sitzen, die unsere Gesellschaft repräsentieren und ihre Macht nicht gegen, sondern für sie einsetzen” – Chiara Fleischhacker 

Wie habt ihr von der Thüringer Gründungsprämie erfahren und wie sah der Prozess der Antragstellung aus?

Chiara: Als ich bei der Mitteldeutschen Medienförderung einen Termin zur Gründungsinitiative MEDIAstart hatte, erfuhr ich von der Thüringer Gründungsprämie. Also erzählte ich Charlene und Svenja davon und wir überlegten, ob das Förderprogramm für uns passend sein könnte.  

Charlene Kilthau: Der Ablauf sieht im wesentlichen vier Schritte vor: Zunächst reicht man ein Exposé ein, dann ein etwas ausführlicheres Konzept, abschließend stellt man den Antrag und wird dann zu einem Pitch vor einer Jury eingeladen. Der Prozess dauerte mehrere Wochen und war für uns super interessant. Wir hatten am Anfang sehr viele Ideen mit Bezug zu sozialen Innovationen und haben dann gemerkt, dass wir einen Fokus finden müssen. Das war zwar sehr aufwändig, aber auch sehr praktisch und wertvoll. Denn dadurch wurde die Vision viel klarer. 

Svenja: Der gesamte Prozess war durch die verschiedenen Schritte der Antragstellung gut begleitet, und unser Gründungsprämiencoach Norman Schulz von der THAK war dabei eine enorme Stütze. Er hat uns nicht nur mit wertvollem Input unterstützt, sondern uns auch immer wieder im positiven Sinne gepusht, sodass wir unser Vorhaben konsequent vorantreiben konnten. 

MEDIAstart unterstützt junge Medienunternehmen aus Mitteldeutschland mit finanzieller Förderung, Workshops und Mentoring. Beim THAK Speed-Impuls am 18. August gibt’s alle Infos zur Bewerbung – direkt von der MDM und aktuellen Geförderten.

Gab es einen Moment im Antragsprozess, der für euch besonders wichtig war?

Chiara: Der Moment, als wir vor der Gründungsprämien-Jury unsere Idee gepitcht haben. Wir hatten als Team 15 Minuten Zeit unsere Idee zu präsentieren. Durch die intensive Auseinandersetzung und Feinjustierung wussten wir sehr genau, was unser Kern ist und wofür wir stehen. Es war für uns ein erster Test mit direktem Feedback, ob unsere Idee Substanz hat. Für mich war der Pitch ein guter Spiegel für den Fortschritt unserer Idee.

Svenja: Als wir zu dritt vor der Jury standen, wusste ich, dass wir unsere Vision zu 100% verinnerlicht hatten. Besonders wichtig war es uns, unsere Geschäftsidee mit aussagekräftigen Grafiken zum Status quo der Filmbranche zu unterstreichen und deutlich zu machen, was wir verändern wollen. Ich erinnere mich genau an den Moment, an dem ich wusste: Wir schaffen das. 

Charlene: Bei mir war es der Abend vor dem Pitch. Nachdem wir unsere Präsentation ein letztes Mal ziemlich spät durchgegangen sind, war mir die “wilde” Antragszeit sehr bewusst und es war ein schöner Moment, da ich gemerkt habe, wie gut wir gemeinsam durch diese Zeit gegangen sind. 

Was waren Herausforderungen während der Antragszeit, mit denen ihr vorher nicht gerechnet habt und worauf sollte man aus eurer Sicht beim Antrag unbedingt achten 

Chiara: Um ehrlich zu sein, war der Antrag für mich schon sehr umfangreich, verbunden mit viel Bürokratie. Es gibt klare Formalien, in die ich mich erst reinfuchsen und dafür einen Flow entwickeln musste, da die Filmbranche einfach ganz anders funktioniert.

Charlene: Die Bürokratie ist schon nicht zu unterschätzen. Da stimme ich Chiara zu. Auch sich die Zeit dafür gut einzuteilen. Alles in allem war es herausfordernd, aber auch spannend und aufschlussreich, nachts um eins dazusitzen und über die Rentabilität von Rebelle Film nachzudenken.

Svenja: Der Abschnitt zur Zwischenfinanzierung sollte sorgfältig gelesen werden, und es ist hilfreich, etwas Erspartes beiseite zu legen, um flexibel zu bleiben, falls die Gründungsprämie einmal später ausgezahlt wird. Bei sämtlichen Fragen oder Unsicherheiten lohnt es sich, Unterstützung vom Gründungscoach oder der TAB in Anspruch zu nehmen.  

Wie sah euer Alltag aus, bevor ihr die Förderung bekommen habt, und was hat sich seitdem verändert?

Svenja: Vor dem Antrag waren wir viel unterwegs, da Filmprojekte selten dort entstehen, wo man selbst lebt. Mit der Gründungsprämie haben wir nun die Möglichkeit, uns ein Jahr lang voll und ganz auf die Gründung von Rebelle Film zu konzentrieren. Gemeinsam in unserem Büro in Weimar an einem Tisch zu sitzen, erste Filmprojekte zu entwickeln und unsere Vision Stück für Stück aufzubauen ist unglaublich wertvoll.  

Charlene: Für mich hat sich in erster Linie die Mobilität verändert. Ich arbeite jetzt regelmäßig in Weimar und Berlin. Und natürlich auch die Struktur. Ich war vorher angestellt. Jetzt können wir jeden Tag selbst gestalten und müssen uns natürlich auch mit strukturellen Fragen auseinandersetzen – beispielsweise wie wir uns aufteilen, mit welchen Programmen wir arbeiten und wie wir generell kommunizieren. Wir haben hier unter anderem das Kollaborations-Tool “Notion” für uns entdeckt.

Was würdet ihr anderen Gründer:innen raten, die überlegen, sich auf die Gründungsprämie zu bewerben?

Svenja: Wer von der eigenen Idee überzeugt ist, sollte den Mut haben, den Antrag zu stellen – schließlich gibt es nichts zu verlieren. Im Prozess zeigt sich schnell, ob die Idee wirklich tragfähig ist. Für mich war es wichtig, den Antrag mit der klaren Intention anzugehen, dass wir tatsächlich gründen möchten. Es ist eine wertvolle Chance, sich ein Jahr lang voll und ganz der Weiterentwicklung eigener Ideen zu widmen und den Schritt in die Selbstständigkeit gezielt vorzubereiten.

Wie geht es jetzt bei euch weiter? 

Chiara: Aktuell launchen wir unsere Website, arbeiten an unserem visuellen Konzept und sind auf der Berlinale unterwegs. Inhaltlich beschäftige ich mich mit dem Selbst- und Körperbild junger Menschen in politisch herausfordernden Zeiten. 

Charlene: Wir werden uns weiter mit gesellschaftlichen Fragestellungen auseinandersetzen und diese mit unseren Stoffen sichtbar machen. Es gibt mehrere Projekte, die wir planen und an denen wir arbeiten, darunter auch Chiaras nächster Langfilm. 

Zum Schluss: Was bedeutet der Name Rebelle Film?

Chiara: In Marseille gibt es eine große Autobahnbrücke mit dem Schriftzug: La vie est (re)belle. Das Leben ist schön, aber eben auch rebellisch, um den schönen Zustand wiederzuerlangen. Wir wollen das Schöne erhalten, müssen aber rebellische Phasen haben oder gegen Ungerechtigkeit rebellieren, damit wir wieder in einen schönen, harmonischen Zustand kommen. Das eine gibt es also nicht wirklich ohne das andere. 

Kontakt
www.rebelle-film.com
Mail: info@rebelle-film.com

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