Gemeinsam im Kreativkollektiv – Hüftstern Büro

Gemeinschaft für visuelle Gestaltung aus Weimar

Carolin, Eric, Hannah und Miriam – zusammen sind sie “Hüftstern”, ein Zusammenschluss freier Designer:innen in Weimar, die sich neben dem Interesse an visueller Kommunikation, einen gemeinsamen Workspace teilen. Dabei brillieren sie alle mit individuellen Schwerpunkten: experimentelle und dokumentarische Fotografie, Illustration, Lettering und Typografie sowie Buchgestaltung.

Wir haben uns mit drei der vier kreativen Köpfe aus dem Kollektiv zum digitalen Schnack verabredet. Carolin Klemm, Hannah Meyer und Eric Jentzsch standen uns Rede und Antwort rund um die Themen “klassische Agentur versus Bürogemeinschaft”, Projekte in Weimar, warum Netzwerken Pflichtprogramm für den kreativen Alltag ist und wie sie auf den Namen “Hüftstern” gekommen sind. So viel sei vorab verraten: es hat mit einer Exkursion ins Funkloch, einer fixen Idee und spontanem Aktionismus zu tun.

Foto: Dominique Wollniok.

“Kreativer Austausch und gegenseitige Inspiration, größere Projekte zusammen an Land ziehen, Technik und Büroräume teilen – das und vieles mehr ist unser Gestaltungskollektiv für mich”, resümiert Carolin Klemm, Kommunikationsdesignerin mit Schwerpunkt Grafikdesign und Fotografie, die gebürtig aus Sondershausen kommt, derzeit remote als Bildredakteurin für den Spiegel in Hamburg arbeitet und freiberuflich Design- und Fotoprojekte umsetzt. Die jungen Gestalter:innen haben sich während des Studiums der Visuellen Kommunikation an der Bauhaus-Universität Weimar kennengelernt.

Die Idee zu einem gemeinsamen Gestaltungskollektiv war schon geboren bevor sie 2016 eine physische Base in Weimar – zunächst in der alten Notenbank, heute in einem kleinen Ladengeschäft in der Schloßgasse – bezogen. Zu einer Uni-Exkursion in ein Künstlerdorf im Norden Thüringens in Friedrichsrode kam der Freundesgruppe die Idee und der Name, den sie sich gleich als Domain sichern lassen wollten. “Wir hatten in unserer Unterkunft zur Exkursion mit der Uni null Empfang, also stieg ich auf die nächstgelegene Kuppe, um einen Freund anzurufen, der uns www.hueftstern.com sichern sollte”, lacht Eric.

“Hüftstern war von Anfang an dazu gedacht, unsere verschiedenen kreativen Schwerpunkte zu bündeln, um so größere Projekte gemeinsam stemmen zu können”, erzählt Eric Jentzsch. “Zudem war uns allen bereits während des Studiums klar, dass wir selbstständig und nicht angestellt in einer Agentur arbeiten wollen. Hüftstern sollte uns als Basis für unseren weiteren beruflichen Werdegang dienen und uns auf dem Markt als potenzielle Auftragnehmende besser positionieren. Das Kollektiv erhöht die Sichtbarkeit.”

Erics Mama hat schon früh seine Kreativität gefördert, erzählt der junge Kreativunternehmer. Bereits in der Schule gestaltet er Flyer für Konzerte, arbeitet daraufhin in Berlin in einer Druckerei und geht 2010 nach Weimar zum Studium. Der Experte in Sachen besondere Druckprodukte arbeitet heute vorwiegend mit Auftraggebenden aus den Bereichen Kunst, Kultur, Forschung und Vermittlung zusammen. Gemeinsam mit dem Kollektiv sind bereits größere Projekte für die Klassik Stiftung Weimar, das Genius Loci Festival und die summaery der Bauhaus-Universität Weimar entstanden.

“Als junger Kreativunternehmer bedeutet mir die Zusammenarbeit mit Caro, Hannah und Miriam sehr viel. In unserem Workspace geben wir uns gegenseitig für gemeinsame, aber auch eigene Projekte Feedback, teilen uns zeitliche Ressourcen, Arbeitsmittel sowie Raummiete, haben einen Ort für Meetings mit Kund:innen und zum Entwickeln von Ideen.” Ein Kreativunternehmen in Form einer klassischen Agentur möchten die Gestalter:innen nicht gründen. Jede:r von ihnen hat sein bzw. ihr eigenes Kreativ-Business. “Wir dachten immer, dass wir unbedingt eine GbR gründen, mit gemeinsamen Rechnungen und Leistungen auftreten müssen. Am Ende haben wir festgestellt, dass die bürokratischen Aspekte nicht das wiederspiegeln, was uns als Hüftstern ausmacht: Austausch und Zusammenarbeit und die Wertschätzung sowie Wahrnehmung jedes Kollektivmitglieds als kreatives Indiviuduum mit eigenen Visionen. Außerdem legen wir großen Wert auf das Kollektiv als sozialer Raum abseits vom Business. Als Kollektiv entstehen für uns dadurch nochmal ganz andere Mehrwerte, die als GbR nicht mehr abbildbar wären”, so Carolin, die mit Hannah zusammen u.a. den Jahresbericht für die Klassik Stiftung Weimar gestaltet hat.

Einer dieser Mehrwerte von denen Carolin im Interview spricht, sind die von Hüftstern organisierten Stammtische. “Vor ein paar Monaten haben wir einen Grafik-Stammtisch in Weimar gegründet, der einmal im Monat stattfindet. Neben dem Netzwerkausbau innerhalb der Kreativbranche hat der Stammtisch auch zum Ziel, Konkurrenzgedanken und der damit verbundenen Drucksituationen bei der Preisgestaltung entgegen zu wirken. Zudem hat man so die Möglichkeit direkten Kontakt zu Expert:innen aus anderen kreativen Bereichen für Kooperationen aufzubauen”, erklärt Eric.

Durch das Bündeln von Soloselbstständigen der Kreativwirtschaft in Weimar und Umgebung, bei Zusammenkünften wie diesen, bilde sich auch eine informelle Interessenvertretung der Branche. “Beim letzten Treffen kamen bereits viele Leute zusammen. Wir freuen uns, dass der Stammtisch, bei dem wir uns hier in Weimar auf ein kühles Getränk treffen, so gut angenommen wird. Es sind sogar bereits erste Kooperationen daraus hervorgegangen”, fügt Hannah hinzu, die als gebürtige Darmstädterin 2009 zum Studium nach Weimar gekommen ist. Bereits während der Zeit an der Bauhaus-Universität hat sie erste bezahlte Aufträge angenommen, u.a. an der Dozentur für Film- und Medienwissenschaften.

Wir kommen auf den Stil der Projekte des Kreativkollektivs zu sprechen. In Anbetracht ihres Namens, der als unrunde Übersetzung von Hipster erste Hinweise auf hippe Gestaltungselemente bieten könnte, fragen wir doch noch einmal nach: Ist das ironisch gemeint? “Wir würden unseren Stil schon als hip bezeichnen, setzen jedoch unsere Projekte vorwiegend zeitloser, bodenständiger und vor allem strukturiert im Sinne einer guten gestalterischen Lösung  um”, sagt Carolin. “Es gibt nach kürzester Zeit immer wieder neue trendige Gestaltungstechniken – derzeit sind es vor allem Einflüsse aus den 90er und 2000er Jahren: grelle, große Schriften, laute Designs. Das Problem ist hierbei: Trends kommen und gehen. Wir entwerfen daher lieber langfristig funktionierende Designs.

Zudem ist es uns ein Anliegen bei jedem Entwurf zu überlegen, ob dieser auch in der Umsetzung, wie zum Beispiel im Druck, realisierbar ist. Dafür haben wir Miriam und Eric als Expert:innen. Natürlich nehmen, wir auch aktuelle Trends wahr, aber nutzen sie nur in untergeordneter Rolle.” Eric ergänzt: “Kund:innen-Anspruch, Adressat:innen-Perspektive und unser Anspruch ergeben bei jedem Auftrag eine Synthese. Bei der Umsetzung denken wir zudem Themen wie Barrierefreiheit mit. Wir sehen uns nicht nur als Gestalter:innen, sondern auch als Berater:innen und empfehlen unseren Auftraggebenden nur das, was sie wirklich brauchen. Wir möchten langfristige Lösungen und nicht nur schicke Flyer, Webseiten-Designs, Broschüren, Poster und Co verkaufen, sondern einen echten nachhaltigen Mehrwert für unsere Kund:innen bieten.”

Hüftsterns Auftraggebende sind meist regional ansässig. Und das gefällt der Bürogemeinschaft gut. In ihrer (Wahl-)Heimat Thüringen fühlen sie sich angekommen. “Projekte für und in unserer Stadt umzusetzen, erfüllt uns sehr. Lange hatten wir das Gefühl, dass wir, wie viele andere unserer Kommiliton:innen, nach dem Studium weiterziehen müssten. Dass wir sonst irgendwie stehen bleiben würden”, erinnert sich Carolin. “Aber mittlerweile sind viele unserer Studienkolleg:innen wieder nach Weimar zurückgekehrt, da hier einfach – im Vergleich zu manchen Großstädten – die Work-Life-Balance stimmt, die nötige Ruhe herrscht und der Kontakt zu anderen Kreativen authentischer und transparenter ist.”

In Zukunft möchte die Bürogemeinschaft das wachsende Netzwerk des Stammtisches nutzen, um Kontakte zu Thüringer Agenturen zu generieren, noch mehr Expertisen zu bündeln und Aufträge im Netzwerk zu vermitteln – “Präferenzen stärken und ausbauen”, wie es Carolin auf den Punkt bringt. Außerdem erhoffen sich die vier, dass sie noch weitere regionale Projekte, auch gerne mit anderen Kreativen aus der Gegend, umsetzen und sie gemeinsam kreative Potenziale in und um Weimar entfalten können.

So können Sie Hüftstern kontaktieren:

Hüftstern – Büro*Gemeinschaft für visuelle Gestaltung
Mail: hello@hueftstern.com
www.hueftstern.com
Instagram: @hueftstern
Facebook: Hüftstern

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