Innovatives Ausstellungsdesign als neue Form der Wissensvermittlung

NIVRES Projekt zum Opernhaus Bayreuth

Kreativschaffende spielen bei der Gestaltung von Ausstellungen eine zentrale Rolle. Ihre Fähigkeiten, Geschichte lebendig werden zu lassen und Narrative mit modernen Technologien zu verbinden, eröffnen neue Möglichkeiten für die Wissensvermittlung und die digitale Transformation von Ausstellungsräumen und -inhalten. NIVRE, ein Kreativteam aus Weimar, das sich auf Filmproduktion, Animation, Grafik, Videomapping, Licht- und Soundinstallationen spezialisiert hat, setzt seit mehreren Jahren innovative Ausstellungskonzepte in Thüringen und auch deutschlandweit um. Zusammen mit Geschäftsführer Raphael Köhler tauchten wir im Interview in eine einzigartige Erlebniswelt voller Innovationen, interaktiver Geschichten und Illusionen ein und erfuhren, wie NIVRE ihre Visionen für die Ausstellung zum Opernhaus Bayreuth realisierte und wie sie die Möglichkeiten der Digitalisierung für die museale Landschaft nutzen.

Fotos: NIVRE

KI gesteuerte Medienstationen, Multimediaguides via App, 3D-Modelle und einiges mehr. Die Kreativen von NIVRE aus Weimar setzen auf das vermitteln von Wissen durch neue Technologien.

Wie seid ihr in die Welt des Ausstellungsdesigns gekommen?

Seit 2011 begleiten wir neben filmischen Projekten auch visuelle Sound- und Lichtinstallationen sowie Videomappings. Von der künstlerischen Art, Orte zu verwandeln, wie beispielsweise durch das Videomapping auf der Wartburg in Eisenach zum 500-jährigen Reformationsjubiläums, war der Sprung ins Museum nicht mehr weit. Durch derartige Projekte konnten wir wertvolle Kontakte im Ausstellungs- und Museumsbereich knüpfen. Das führte dazu, dass wir vermehrt für Aufträge in musealen und kulturellen Kontexten angefragt wurden und schließlich in Zusammenarbeit mit Szenografin Valentine Koppenhöfer an verschiedenen Wettbewerben teilnahmen. Einer davon war für die Gestaltung der Ausstellung zum Opernhaus Bayreuth, welche wir mit unserem Konzept gewinnen konnten. Die Arbeit für Museen ist äußerst interessant und spannend, da sie langfristig angelegt ist und eine tiefere Ebene an Details erfordert. Museen streben danach, einzigartig und innovativ zu sein und wir tragen mit unseren interaktiven Installationen und der Einbindung neuer Technologien dazu bei, dass sich diese Museen von den anderen abheben.  

“Durch moderne und innovative Methoden der Wissensvermittlung innerhalb der Ausstellungskonzepte können wir museale Räume auf ein neues Level bringen und Besucher:innen zur Interaktion mit den präsentierten Themen anregen“

Was bedeutet für dich innovatives Ausstellungsdesign, vor allem in Bezug auf Wissensvermittlung?

Museale Inhalte künstlerisch-visuell, auditiv und verständlich zu präsentieren, ist das Ziel unserer Ausstellungskonzepte. Durch moderne Methoden der Wissensvermittlung, die Technologie und Geschichte verbinden, regen wir die Besucher:innen zum Mitmachen, Nachdenken und zu einer neuen Art des Lernens an. Auf diese Weise schaffen wir nicht nur einzigartige Erlebnisse, sondern begleiten Museen in die digitale Welt. Durch neuartige Konzepte, die KI und AR einschließen, wird es Museen ermöglicht, ihre Sammlungen auf eine neue Art und Weise zu präsentieren und auch mehr junge Besucher:innen auf ihre Angebote aufmerksam zu machen. Wir bei NVIRE sind immer auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, analoge und digitale Welten zu verbinden. In der Ausstellung zum Opernhaus Bayreuth fungiert beispielsweise eine bedruckte Ausstellungswand als Projektionsfläche für ein digitales Barockorchester. Besucher:innen können die Wand entlang gehen und die Instrumente durch Berührung zum Klingen bringen. Diese leuchten dann mit Hilfe von kapazitiven Näherungssensoren und Projektoren auf und geben die Klänge eines Orchesters wieder, welches wir im Vorfeld in Berlin aufgenommen haben. Mit neuester Technologie können einzelne Instrumente, verschiedene Instrumentengruppen oder sogar das gesamte Orchester gehört werden. Diese digitale Erweiterung der Installation verbindet die analoge und digitale Welt und lädt die Besucher:innen spielerisch dazu ein, ein historisches Orchester eigenhändig zum Spielen zu bringen und das auf individuelle Weise in Echtzeit zu genießen.

Was ist das Thema der Ausstellung zum Opernhaus Bayreuth und wie seid ihr an die Umsetzung gegangen?

Die Ausstellung widmet sich der mittlerweile 270 Jahre andauernden Geschichte des Hauses, der Markgräfin Wilhelmine und des Markgrafen Friedrich III. von Brandenburg-Bayreuth, die das Opernhaus zur Hochzeit für ihre einzige Tochter Elisabeth Friederike erbauen ließen. Die Feierlichkeiten zur Eröffnung wurden mit der Hochzeit verknüpft und dauerten zwei Wochen an. Wir wollten den Anlass für die Erbauung des Hauses in unserem Konzept aufgreifen und haben diesen zu einem wichtigen Mittelpunkt der Ausstellung gemacht. In verschiedenen Ausstellungsstationen können Besucher:innen durch illusionistische Konzepte Teil dieses Festes werden, wobei jahrhundertealte Effekte aus der Welt des Theaters auf neueste Technologien treffen. Ein Raum ist beispielsweise ausschließlich der Hochzeit gewidmet: Auf einer Videowand aus transparenten OLED-Screens laufen von uns gedrehte Szenen der Feierlichkeiten, wie sie damals stattgefunden haben könnten. Den historischen Galaabend drehten wir mit echten Schauspielern in historischen Kostümen in unserem Studio mit Greenscreen. Auf die Wand hinter den OLED-Screens werden mit einem Beamer historische Räume projiziert, die vorher photogrammetriert und als 3D-Objekt ausgegeben wurden. Dadurch entsteht der Parallaxeneffekt, eine visuelle Illusion, die bewirkt, dass die Besucher:innen die historische Szene so betrachten können, als befänden sie sich tatsächlich dort. Es wird sogar möglich, sich mit den Charakteren zu bewegen.

Auch für die jungen Besucher:innen ist etwas dabei: In kleinen Schaukästen haben wir einen Illusionstrick aus dem 19. Jahrhundert nachgebaut. Um den sogenannten Pepper’s Ghost-Effekt zu erzielen, drehten wir in unserem Studio kurze Filme mit einem Kinderschauspieler in historischen Kostümen und projizieren diese im Museum über die in den Schaukästen verbauten OLED-Bildschirme in eine Miniaturkulisse. Ein weiteres Highlight ist die von uns entwickelte Selfie-Box mit einem smarten Spiegel. Die Benutzer:innen können sich einen historischen Kupferstich mit Darstellungen verschiedener Figuren aus der Zeit der Eröffnung des Opernhauses auswählen. Eine KI extrahiert dann im Anschluss das Gesicht der Besucher:innen und fügt diese mit dem gewählten Motiv zusammen. Über einen QR-Code kann das so entstandene Bild abgerufen und als Erinnerung an die Ausstellung direkt aufs Smartphone geschickt werden.

„Ein besonderer Antrieb und eine Quelle der Begeisterung besteht darin, neue und alte Technologien mit interaktiven Konzepten der Wissensvermittlung verknüpfen, und so innovative Medienstationen zu kreieren“

Was waren Herausforderungen, die euch begegnet sind und wie habt ihr sie gemeistert?

Wir hatten den Wunsch, einzigartige Erfahrungen und Illusionen zu schaffen, die den historischen Kontext mit modernsten Technologien für Besucher:innen zum Leben erwecken. Die Entwicklung jedes einzelnen Ausstellungsstücks erforderte Zeit und ausgiebige Recherche. Wir probierten uns an verschiedensten Ansätzen und experimentierten lange, um unsere Visionen umsetzbar zu machen. Viele Stationen, die wir in der Ausstellung realisiert haben, gab es bis dato noch in keinem anderen musealen Raum. Das spornte unseren Ehrgeiz noch mehr an und trieb uns über den gesamten Entstehungsprozess an. Letztlich haben wir ein Museumserlebnis geschaffen, das einzigartig und innovativ ist und durchweg positives Feedback bekommt. 

Kontakt

NIVRE Film & Studio GmbH
Georg-Haar-Straße 5
99427 Weimar
nivre.net 
info@nivre.net

Du möchtest noch mehr über das Ausstellungskonzept erfahren? Bei unserer digitalen #kreativgelöst-Veranstaltung am 30. November 2023 stellte Raphael Köhler von der Nivre Film & Studio GmbH in seinem Kurzimpuls Das Projekt genauer vor und gab Anreize für neue Wege, die Museen, Kultureinrichtungen und andere Bildungseinrichtungen sowie Kommunen und Städte gehen können, um Informationen mit neuen Technologien vermitteln zu können.

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