Die beruflichen Interessen von Thüringer Künstler:innen fördern und ihnen dabei helfen, sich erfolgreich in der Kunstwelt zu etablieren: Das bietet der VBKTh in Erfurt. Neben regelmäßigen Netzwerktreffen sowie dem Organisieren von Ausstellungen und Veranstaltungen, bietet der Verband wertvolle neue Kontakte in die Kunstszene und ist Anlaufstelle rund um Fragen der künstlerischen Selbstständigkeit. Wir haben uns mit Geschäftsführerin Michaela Hirche in der Galerie des VBKTh auf der Erfurter Krämerbrücke zum anregenden Austausch getroffen und noch mehr über die Mehrwerte des Verbandes erfahren.
Was sind die Aufgaben des VBKTh?
Bildende Künstler:innen brauchen einen starken Partner, wenn es um Unterstützung für ihre Selbstständigkeit geht, sowie ein Netzwerk, das es ihnen ermöglicht, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und neue Kooperationen einzugehen. Wir beim VBKTh verstehen uns als Sprachrohr der hiesigen Kunstszene und setzen uns aktiv dafür ein, dass die Anliegen und Interessen der Verbandsmitglieder in Thüringen wahrgenommen werden. Durch unsere Zusammenarbeit und den Austausch mit anderen Organisationen können wir so eine starke Stimme für die Branche sein.
„Es macht mir große Freude, hiesige Kunstschaffende sichtbar zu machen und ihre Entwicklung mitzubegleiten. In Thüringen muss sich meiner Meinung nach niemand verstecken, denn trotz der oft benannten kleinstädtischen Atmosphäre gibt es hier viele Künstler:innen, die engagiert sind, qualitätvoll und ernsthaft arbeiten, die es wert sind, gefördert zu werden“
Wann und warum wurde der VBKTh gegründet?
Der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) mit Sitz in Berlin wurde im Jahre 1971 auf dem Frankfurter Künstlerkongress gegründet und als e.V. im November 1972 eingetragen. Es ist die Nachfolgeorganisation des Bundes deutscher Landesberufsverbände Bildender Künstler im Westen Deutschlands. Der Verband Bildender Künstler der DDR (VBK) war eine Berufsorganisation der Bildenden Künstler in der DDR. Er existierte als eigenständige Künstlerorganisation von 1952 bis 1990 und hatte seinen Sitz in Ost-Berlin (Ost).
Nach der Wende gründeten sich in den neuen Ländern neue Landesverbände, so im Oktober 1990 auch der Verband Bildender Künstler Thüringen e.V. Gleichzeitig wurde der VBKTh Mitglied im BBK Bundesverband. Mit der politischen Wende gab es die Einschränkungen aus der DDR-Zeit nicht mehr, als professionelle Künstler:innen im VBK-DDR organisiert sein mussten, um arbeiten zu dürfen, die Aufträge waren staatlich gelenkt, damals mit drei Regionalbüros.
Mit der Wende änderte sich diese Situation grundlegend, endlich war freies Arbeiten möglich, der DDR-Verband wurde aufgelöst. Eine Mitgliedschaft war nicht mehr zwingend, dennoch war eine gemeinsame Stimme wichtig, das gemeinsame Wirken sinnvoll. Aus diesem Grund wurde der VBKTh als Verein 1990 von Künstler:innen für Künstler:innen in Erfurt neu gegründet, die Qualität steht an erster Stelle. Seiner Idee ist der VBKTh immer treu geblieben: professionellen Künstler:innen gute Bedingungen zum Arbeiten im Freistaat zu verschaffen und ihre kulturpolitischen und sozialen Interessen zu vertreten, in Thüringen und gemeinsam mit anderen auch bundesweit.
Welche Kunstformen sind bei den Verbandsmitgliedern vertreten?
Die Mitgliedschaft ist nicht nur vielfältig, was ihre künstlerischen Schaffensbereiche betrifft, sondern auch in Hinblick auf Erfahrung oder die Altersstufen. Es sind so ziemlich alle Bereiche der bildenden Kunst vertreten: Malerei, Grafik, Druckgrafik, Bildhauerei in Holz und Metall sowie Fotografie, aber auch Formgestaltung, Schmuckkunst oder Medien- und Performancekunst. Durch diese vielseitige Gemeinschaft, die aktuell aus über 350 Mitgliedern besteht, können Künstler:innen ihre Fähigkeiten durch gegenseitige Inspiration entfalten und ihr künstlerisches Potenzial weiterentwickeln.
Wie kann ich Teil des VBKTh werden?
Zunächst kann jede:r professionelle:r Künstler:in mit einem Abschluss an einer Kunsthochschule aufgenommen werden. Der Beruf der Künstler:innen ist jedoch nicht geschützt, daher wurde in unserer Satzung festgelegt, dass auch jene berücksichtigt werden sollen, die keine Chance auf ein Studium hatten oder über andere Wege ihre künstlerische Laufbahn gefunden haben. Wir möchten ein Netzwerk bereitstellen, das Zugang bietet. Dabei geht es uns nicht nur um die formale Ausbildung oder den akademischen Hintergrund einer Person, sondern vielmehr um eine eigene künstlerische Handschrift, um Qualität.
Es gibt eine aus der Mitgliederversammlung gewählte Aufnahmekommission, die aus Künstler:innen verschiedener Arbeitsgebiete und Kunstwissenschaftler:innen besteht, diese verantwortungsvolle Tätigkeit braucht Erfahrung und Offenheit. Wichtig ist der Kommission, die künstlerische Haltung und Qualität erkennen zu können. Jede:r hat dabei die Chance, mit seiner/ihrer eigenen Handschrift zu überzeugen. Wenn man nicht aufgenommen wurde, ist es verständlich, dass man enttäuscht ist, aber das sollte niemanden davon abhalten, weiterhin sein künstlerisches Potenzial zu entfalten. Wir ermutigen jede:n, die Leidenschaft für die Kunst nicht aufzugeben und sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen. Man kann sich jederzeit wieder bewerben, viele Kandidat:innen sind nach ihrer weiteren Entwicklung nun Kolleg:innen geworden.
Was sind die Mehrwerte für Mitglieder?
Wir sind zwar keine Full-Service-Agentur oder ersetzen Galerist:innen, aber wir bieten Künstler:innen des Verbandes hier auf der Krämerbrücke mit unserer Produzentengalerie eine Plattform, um ihre Werke jederzeit auszustellen und auch zu verkaufen. Zudem organisieren wir zahlreiche weitere Ausstellungsmöglichkeiten in Thüringen. Alle zwei Jahre veranstalten wir die „artthuer – Kunstmesse Thüringen“. Dieses Jahr findet sie wieder vom 8. bis 10. November an der Messe Erfurt statt. Sie besteht bereits seit 1998 und hat sich über die Jahre professionell weiterentwickelt. Die Messe fördert zeitgenössische Kunst in unserer Region und hat sich als wirksames Mittel zur Sichtbarkeitsmachung neuer Talente sowie etablierter Positionen bewährt. Bewerben können sich neben den Verbandsmitgliedern alle professionellen Künstler:innen mit Wohnsitz in Thüringen, über die Teilnahme entscheidet eine Jury, da die Bewerber:innenzahlen sehr hoch sind.
Die Aufgaben der Geschäftsstelle bestehen aber nicht nur im Organisieren, wir geben individuelle Beratungen, sei es bei Fragen zur Künstlersozialkasse, den beruflichsrechtlichen Anforderungen oder vertraglichen Fragen, wir beraten zu Kunst am Bau und begleiten Wettbewerbe, bei uns ist auch eine Gutachterkommission angesiedelt. Ganz praktisch setzen wir und als Kunstverband dafür ein, dass Künstler:innen angemessen entlohnt und ihre Werke wertgeschätzt werden. So waren wir an der Erarbeitung der bundesweiten Leitlinien für Ausstellungshonorare bzw. dem Leitfaden Honorare beteiligt.
Welche Partner:innen unterstützen die Ziele des VBKTh?
Durch die Kooperation mit verschiedenen Institutionen Thüringens, wie der Stadt Erfurt, aber auch der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten oder dem KunstForum Gotha, können wir es Verbandsmitgliedern ermöglichen, ihre Werke an einzigartigen Orten zu präsentieren. Die Raumgebenden erhalten wiederum Zugang zu zeitgenössischer Kunst und können Besucher:innen ein abwechslungsreiches Programm neben dem kulturellen Erbe bieten. Diese Zusammenarbeit stärkt nicht nur das Netzwerk zwischen den verschiedenen Akteur:innen, sondern erweitert und bereichert die regionale Kunstszene insgesamt. Die Thüringer Staatskanzlei unterstützt unsere Arbeit projektbezogen, in Ausstellungsprojekten oder auch der Digitalisierung von Künstler:innenwerkverzeichnissen. Auch eher nicht-klassiche Ausstellungsorte bespielen wir als Verband gern, wie beispielsweise den Thüringer Landtag. Dabei sind wir immer im Einsatz, Fördermittel, beispielsweise von der Kulturstiftung des Freistaats Thüringen und anderer Kulturförderer:innen, für unsere Künstler:innen einzuwerben.
Welche Ausstellungsprojekte habt ihr in letzter Zeit im Verband umgesetzt?
In diesem Jahr steht bundesweit ein großes gemeinschaftliches Projekt zum Thema experimentelle Druckgrafik an, aber auch in unserer Reihe „Wert der Kreativität“ darf man ab August wieder Spannendes erwarten. Vergangenes Jahr haben wir im KunstForum Gotha eine Ausstellung zum Thema „KI“ gezeigt: „Künstlerische Intelligenz – wie Kunst entsteht“. Die Begegnung mit KI als neuem gestalterischem Medium nahm die Ausstellung als Anlass, die Kriterien menschlicher Kreativität auszuloten und mit dem Potenzial künstlerischer Intelligenz abzugleichen. Gleichzeitig wollten wir herausfinden, ob und wie die Technologie künstlerischem Schaffen neue Dimensionen eröffnet. 26 künstlerische Positionen boten Künstler:innen, aber auch Besucher:innen die Möglichkeit, sich mit aktuellen Fragestellungen in der Kunstwelt auseinanderzusetzen. Spannend war dabei, dass schon jetzt, wenige Monate später, das Ergebnis der Fragestellung wohl ein ganz anderes gewesen wäre.
Was ist deine persönliche Motivation, beim Verband mitzuwirken?
In meiner Arbeit im Künstlerverband möchte ich als Schnittstelle zwischen Multiplikator:innen, Institutionen, Entscheider:innen aus Politik und Wirtschaft und den Künstler:innen fungieren. Es macht mir große Freude, hiesige Kunstschaffende sichtbar zu machen und ihre Entwicklung mitzubegleiten. In Thüringen muss sich meiner Meinung nach niemand verstecken, denn trotz der oft benannten kleinstädtischen Atmosphäre gibt es hier viele Künstler:innen, die engagiert sind, qualitätvoll und ernsthaft arbeiten, die es wert sind, gefördert zu werden. Thüringen mag vielleicht keine riesige Industrie oder das Umfeld von klassischen Kunsthochschulen haben, aber das hindert uns nicht daran, hier gute Kunst zu schaffen.
Seitdem ich Teil des Künstlerverbandes bin, sind Projektarbeiten immer relevanter geworden: Mich interessieren unkonventionelle Ideen, ich mag es, wenn neue Verbindungen entstehen. Beispielsweise haben wir einen junger Maler mit einem IT-Unternehmen zusammengebracht, er porträtierte die Mitarbeiter:innen und die Arbeitswelt in den Büros über mehrere Wochen. Letztlich wurden die Werke auch für die Firmenbroschüre genutzt, aber viel wichtiger war: Die entstandenen Gemälde wurden vom Unternehmen erworben – sie gehörten mit ihrer Entstehung einfach dazu. Durch derartige Projekte möchten wir Brücken zwischen Künstler:innen und Unternehmen schaffen, Blicke weiten und Köpfe öffnen, und immer neue inspirierende Synergien entstehen lassen.
Kontakt
Verband Bildender Künstler Thüringen e.V. (VBKTh)
Landesgeschäftsstelle
Haus zum Bunten Löwen
Krämerbrücke 4
99084 Erfurt
www.kuenstler-thueringen.de
Mail: info@vbkth.de
Instagram: @vbk_thueringen
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