Thomas Sperling, Partyveranstalter und Musikmanager
Mitgründer und Gesellschafter des Labels: Freude am Tanzen GbR
Branche: Musikmarkt
Unweit von Schillers Gartenhäuschen in Jena, dessen Dichtung „An die Freude“ zu den populärsten Werken der Kulturgeschichte zählt, hat das Plattenlabel Freude am Tanzen seine Heimat. Statt auf Klassik, setzen Thomas Sperling und sein Team auf tanzbare Elektromusik. „Der Ort des Büros ist nicht bewusst gewählt, aber die anderen Unternehmen darin, vornehmlich NGOs, entsprechen unserer Lebensidee. Es passt einfach“, so der Labelgründer. Für ihn stehen andere Werte als Gewinnmaximierung an erster Stelle. Qualität geht vor Quantität. Ihm sind seine Künstler wichtig und der Gemeinsinn. Das Zwischenmenschliche muss stimmen. „Man muss schauen, welche Halbwertzeit die Künstler haben. Es ist ja eine sehr dynamische Jugendkultur. Wie lange interessiert das die Menschen?“ Freude am Tanzen (FAT) ist mittlerweile erwachsen geworden. Seit gut 19 Jahren betreibt Thomas Sperling, der von seinen Freunden Spatz genannt wird, das Label mit dem angeschlossenen Plattenladen Fatplastics und den legendären FAT-Parties im Kassablanca am Jenaer Westbahnhof.
Thomas Sperling ist vom Typ her kein Berufsjugendlicher, der voller Unrast den neuesten Trends hinterher rennt: „Ich bin ja schon im gesetzten Alter. Für mich läuft die Zeit sowieso schon schneller als für einen Zwanzigjährigen. Ich bin nicht mehr so ungeduldig.“ Neben dem verschmitzten Unterton schwingt auch viel Erfahrung und Erlebtes mit.
Von der Aufbruchstimmung zum etablieren Partyveranstalter und Labelbesitzer.
In den Augen von Sperling sprühen die Funken, wenn er von den Anfängen seiner Sozialisation in der Tanz- und Partykultur spricht. Seine Anlaufstellen waren die damaligen Techno-Tempel Tresor und Planet in Berlin und das Conne Island sowie die Destillery in Leipzig. Anfang der Neunziger Jahre, in den Zeiten, als es Social Media noch nicht gab, wurden die Partys noch telefonisch durchgesagt. Spontan wurden Locations wie alte Industriehallen und Kellergewölbe zur Partyzone umgebaut, oftmals nur für ein Wochenende. Thomas Sperling erinnert sich noch lebhaft an ein atemberaubendes Erlebnis aus 1993. Bei einer Clubbesetzung für eine Party waren die Sanitäranlagen defekt. Vor solchen Herausforderungen schreckte der gelernte Zimmermann nicht zurück. The Show must go on! Zunächst platzierte er ein Warnhinweis mit der Bitte, das stille Örtchen nicht groß zu benutzen. Bei sechshundert Partygästen hielt das nicht lange vor. Schnell musste etwas unternommen werden und Thomas Sperling sah sich als Partyveranstalter in der Pflicht. Tatkräftig beseitigte er die Notdurft. Diese Geschichte ist mehr als eine launige Anekdote. Sie zeigt die Begeisterung und seine Bereitschaft, wenn es darum geht, etwas auf die Beine zu stellen. Dafür nimmt er sich nicht zurück, sondern geht in die Vollen. Diese Leichtigkeit, einfach zu machen, aus den vorhandenen Ressourcen Einmaliges zu kreieren und Menschen mit seiner Lebensfreude anzustecken, das ist die besondere Stärke von Thomas Sperling. Mitte der Neunziger zogen seine Timeless-Parties mit seinem Kompagnon Daniel Mauss in einer alten Panzerhalle in Jena Nord und 1999 im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres von Weimar im Umspannwerk auf dem Imagenatagelände gut tausend Gästen an. Die Idee, befreundeten DJs eine Heimat auf Vinyl zu geben, reifte in den beiden. Ende der Neunziger war es soweit. Das Label sollte gegründet werden. Jetzt musste nur noch ein Name her. „Vor Zwanzig Jahren kam ein Freund mit einer Einkaufstüte aus einem Getränkemarkt zu uns in die Wohnung. Das aufgedruckte Logo haben wir eingescannt und mit Photoshop bearbeitet. „Einkaufen“ raus, „Tanzen“ rein. Freude am Tanzen. Fertig. Damals haben wir uns über Internationalität noch keine Gedanken gemacht“, lacht Thomas Sperling. Vielleicht sind gerade die Spontaneität und der hohe Spaßfaktor sein Erfolgsrezept. Sukzessive bauten er gemeinsam mit Sören Bodner (Monkey Maffia) und Gabor Schablitzki (Robag Wruhme), die beiden sind auch als Wighnomy Brothers bekannt, das Label auf. Eine Partygeneration später sind auf dem FAT-Label über zwanzig Künstler vertreten und gut achtzig Platten veröffentlicht worden.
Ohne Fanbase hast Du keine Chance
Bei einem Musiklabel für Techno- und Housemusik kann man von den Verkaufszahlen der Tonträger allein nicht unbedingt leben. Erst im Zusammenspiel mit Auftritten, Veranstaltungen und Merchandise-Artikeln ist das möglich. Vor allem braucht es eine starke Fanbase, und die will gepflegt sein. So sind die Vertriebswege und -kanäle von FAT vielfältig. Bei den Tonträgern können sich die Fans zwischen Vinyl, CD und virtuellen Einkäufen entscheiden. Dafür gibt des hauseigenen Record Store Fatplastics im Erdgeschoss des Hauses. „Der Markt wird sich nochmals deutlich verändern. Da sich die Umsätze vom Download zum Streaming bewegen. Bei den Streamingportalen gibt es wiederum verschiedene Modelle, von kostenfrei bis zum Abo,“ so Thomas Sperling.
Wie schmeckt Techno?
„Bei uns dreht sich alles um die Musik. Als kleines Label nutzen wir für die Kommunikation vornehmlich Facebook.“ Für die Promotion der neuesten Platten-Releases beschreitet Thomas Sperling auch ungewöhnliche Pfade. Der international erfolgreiche DJ Marek Hemmann steht bei ihm unter Vertrag. „Marek mag keine Promo-Touren. Aber gut, so ist er halt. Da habe ich einen Chocolatier hier in Jena gebeten, die CD aus Schokolade herzustellen. Wir haben dann die Schoko-CD in der Originalverpackung an Veranstalter geschickt. Sowas fällt dir dann beim Joggen ein.“
Der warme Sound des Kassablanca
Auch heute noch finden regelmäßig im Kassa die FAT-Parties statt. „Der Sound im Kassablanca ist warm, aus den Neunzigern. Eigentlich ist er nicht für den aktuellen mp3 optimierten Elektro geeignet, aber er passt zu uns.“ Mit dem Liveclub verbindet Thomas Sperling eine lange, gemeinsame Geschichte. Von den Anfängen der Spielstättensuche, der Renovierung, dem Umzug in die jetzige Location und einfach den besonderen Veranstaltungen voller Herzblut.
„Hier in Jena gibt es das Kassablanca. Dafür sind wir hier. Die Anonymität der großen Städte brauche ich nicht. Musik kannst Du ja von überall auf der Welt anbieten, von daher ist der Standort völlig egal.“ Er muss einfach zu einem passen. Die Freiheit nimmt sich der Spatz.
Text: Michael Krömer
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