“Man hat Ideen, wenn man etwas tut” 

Im Interview mit Softwareagentur-Gründer und Unternehmer Heiko Hilscher aus Erfurt

Heiko Hilscher aus Erfurt ist leidenschaftlicher Tüftler, kreativer Kopf und Unternehmer. Seine Vielzahl an Tätigkeiten und Projekten bezeichnet der Thüringer selbst als “Gemischtwarenladen”, bei dem sich “alles bedingt und ineinander greift”. Sein Werdegang reicht von einer Lehre zum Polsterer im Möbelwerk in der DDR über ein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens, einem Praktikum beim “ABC Bücherdienst” (später Amazon Deutschland) in Florida, der Gründung einer eigenen Softwareagentur in Erfurt bis hin zur Eröffnung seines eigenen Onlineshops und Ladens für Linkshänder-Produkte. Seit 2022 läuft das neueste Projekt: “LASER bean”, bei dem Heiko seine Expertisen aus Design und Programmierung fusioniert und digitale Daten von Kund:innen auf Werbemittel und Co mittels einer speziellen Maschine graviert. Was die Gravuren so innovativ macht und warum bei Heiko jeder Lebensabschnitt dorthin geführt hat, wo er heute steht, haben wir ihn in seinem Office auf der Krämerbrücke gefragt.

Foto: Fotoloft Erfurt.

Von der Polsterei-Lehre zum E-Commerce-Experten, Laden-Inhaber und Graveur: Wie gestaltete sich dein Weg bis hierher? Nach meiner Lehre in einer Polsterei wollte ich den Meister in diesem Handwerk machen – was in der DDR allerdings nicht ganz einfach war und mir erst nach der Wende gelang. Danach entschied ich mich für einen etwas anderen Lebensweg und studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Fachhochschule in Jena. Ich wollte die Welt bereisen, also zögerte ich mein Studium so lange wie möglich hinaus und war viele Monate unterwegs. Von England als Erasmus-Student an der Keele University, zog es mich zu einem Praktikum der deutschen Firma ABC Bücherdienst nach Florida. Hier gestaltete ich das Design für die Webseite des ersten deutschen Buchversand-Onlineshops mit. Später verkauften die Gründer das Unternehmen an Amazon. Es war eine prägende Zeit, auf die ich heute immer wieder gerne zurückblicke. In Florida ebnete sich nämlich mein weiterer Lebensweg.

Wie ging es dann weiter? Das Internet steckte damals noch in den Kinderschuhen und vor allem E-Commerce war kaum bis gar nicht vorhanden. Ich wollte diese Chance nutzen und beschloss 1997 meine eigene Internetagentur, die activus GmbH, zu gründen. Als eine der ersten Agenturen in Deutschland in dieser Form, bieten wir nun seit über zwei Jahrzehnten Kund:innen aus ganz Deutschland Programmierung von Onlinediensten sowie die Erstellung von individuellen Datenbanken an. Meine Frau ist Mitgründerin, sie ergänzt unser Portfolio mit spezifischem Fachwissen: Als Physikerin, Mathematikerin und Informatikerin ist sie eine tolle Bereicherung für komplexere Kund:innen-Projekte im Bereich der Industrie, wo sich alles um Automatisierungsprozesse von digitalen Anwendungen dreht. 

Linkshänder-Laden auf der Erfurter Krämerbrücke.

Wie kam es zum Linkshänder-Laden und schließlich zum neusten Projekt LASER bean? Dafür müsste ich noch einen Schritt zurückgehen. Zunächst einmal gründeten meine Frau und ich in den 2000er Jahren selbst einen Onlinehandel für Linkshänder:innen-Produkte. Die Idee entstand schlicht und ergreifend aus dem Grund heraus, dass meine Frau selbst Linkshänderin ist und es damals wie heute nicht wirklich viele Angebote für derartige Produkte gibt. 

Wir sind 2002 mit linkshaender.de gestartet und hatten so viele Bestellungen, dass wir uns dachten: Wir müssen diese Produktwelt, bestehend aus Haushaltswaren, Schul- und Schreibwaren, Computerzubehör, Sportartikeln und vielem mehr, unbedingt sichtbarer machen, um A: für dieses Thema zu sensibilisieren und B: noch mehr Linkshänder:innen das Leben zu erleichtern. 

Seit 2010 betreiben wir nun den Linkshänder-Laden auf der Krämerbrücke in Erfurt. Hier ist auch der Sitz der activus GmbH sowie meines neuesten Projekts LASER bean. LASER bean ist aus der Idee heraus entstanden, Linkshänder-Tassen für internationale Kund:innen mittels Lasergraviermaschine in verschiedenen Sprachen zu beschriften. Mittlerweile bieten wir Kleinserien individuell gravierter Produkte für Kund:innen verschiedener Branchen an.

Welche Produkte bietet ihr im B2B-Bereich mit LASER bean an und woher kommt der Name? Der Name LASER bean ist eine Kombination aus dem Angebotsschwerpunkt „Lasergravur“ und eine Hommage an unsere Heimatstadt Erfurt. Menschen, die hier geboren wurden, werden nämlich auch gerne als „Erfurter Puffbohnen“ bezeichnet. Wir nutzen modernste Lasergraviertechnik zur Herstellung und Veredelung innovativer Produkte. Auf Wunsch fertigen wir gravierte Aluminium-Visitenkarten für den Geschäftsbereich, die mit einem QR-Code versehen auf die digitale Visitenkarte des/der Träger:in leitet. 

Zudem bieten wir für die Kund:innen von Autohäusern gravierte Schlüsselanhänger, ebenfalls mit QR-Codes versehen, an. Beim Abscannen können sich dann neue Autobesitzer:innen bei dem von uns entwickelten Portal ehrliche-finder.de anmelden und ihre Adressdaten eingeben. Bei einem Schlüsselverlust kann man über das Onlineportal den/die Besitzer:in ganz einfach kontaktieren. Wir versuchen bei den Lasergravur-Produkten unsere Erfahrungen aus den Bereichen Design, IT und Technologie zu kombinieren. 

Hast du auch wieder neue Ideen? Natürlich! Neben der Beschriftung können wir aufgrund unserer Kompetenz in Programmierung und Versandhandel auch den Datenaustausch mit den Kund:innen für die Serienfertigung automatisieren und den Versand zu den Endkund:innen übernehmen. Wir möchten in Zukunft übrigens nicht nur Werbemittel und Co gravieren, sondern entwickeln derzeit in Zusammenarbeit mit meiner Tochter, die künstlerisch tätig ist, auch Gravierkunst auf Acrylglas. 

Ab 2024 wollen wir zudem eigene Onlineangebote rund um die Personalisierung schaffen und sind derzeit in der Planung für eine Marketingstrategie der besonderen Art, nämlich “Teddy will reisen”. Hierbei schicken wir Kuscheltiere, versehen mit einem QR-Code, um die ganze Welt, die hier auf der Krämerbrücke von Tourist:innen mitgenommen werden und dann in einer anderen Stadt oder einem anderen Land auf Parkbänken, an Bahnhöfen und Co für die/den nächste:n Finder:in gesetzt werden. Damit wollen wir auf unsere neuen Angebote aufmerksam machen und erhoffen uns eine gelungene und vor allem für potenzielle Kund:innen Spaß bringende Aktion.

Kontakt
www.activus.de                                        
www.linkshaender.de                       
www.laser-bean.de                                                               
www.ehrliche-finder.de                 

Übrigens: Am 13. August ist wieder Weltlinkshändertag. Heiko Hilscher sammelt seit Jahren Beispiele für Produkte, die bis dato ausschließlich von Rechtshänder:innen benutzt werden können, fasst sie in Präsentationen zusammen und stellt diese Universitäten, Berufsgenossenschaften und Unternehmen vor, um auf die Nöte der Linkshänder:innen aufmerksam zu machen und die Produktentwickler:innen anzuregen, die Händigkeit beim Design stärker zu berücksichtigen. Wenn ihr ebenfalls Beispiele kennt, dann macht Fotos und unterstützt den Linkshänder-Laden bei der Sammlung.

                                        

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