Im Portrait: Blank – Agentur für Zwischennutzung Jena

Ein Gespräch mit Katrin Hitziggrad

Das Projekt der Blank – Agentur für Zwischennutzung in Jena hat es sich zum Ziel gesetzt, mit “all’ ihren Mitteln und ihrer Expertise” leerstehende Räume für die kreative Szene, Vereine und Projekte sichtbar zu machen und zur Verfügung zu stellen. Dabei geht es nicht nur darum, Leerstand mit Leben zu füllen, sondern auch die Vernetzung kreativer Köpfe und Ideen in der Stadt voran zu treiben. Wir haben die Projektleiterin Katrin Hitziggrad zum Interview getroffen und mehr über die Nachfrage nach Raum in Jena, ihre Visionen für die kreative Szene der Stadt und ihre Leidenschaft für Räume erfahren.

Projektleiterin der Blank - Agentur für Zwischennutzung Katrin Hitziggrad, Foto: Heidi Gumpert.

Katrin Hitziggrad sieht sich aufmerksam in der KreativTankstelle um. Es herrscht konzentriertes Schweigen und kommunikatives Raunen im Cowork-Café in Erfurt: “Das hier ist ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig Räume für die Gesellschaft und die Förderung von Kreativität sind”, erklärt sie, während sie an ihrem heißen Tee nippt. Die gelernte Immobilienkauffrau und -fachwirtin bringt nicht nur jahrelange Erfahrung in der Immobilienwirtschaft mit, sondern auch eine gute Portion Begeisterung für Raumkonzepte und die Kultur- und Kreativszene in Thüringen. Seit April 2020 arbeitet sie als Projektleiterin der Blank – Agentur für Zwischennutzung, einem Projekt, das durch jenaKultur und die Stadt Jena gefördert wird. Der Projektträger ist die Bürgerstiftung Jena. “Jena ist eine Stadt im Wandel – die Nachfrage an Raum wächst jedes Jahr. So positiv diese Entwicklung auch ist: für Kultur- und Kreativakteure wird es oft eng bis schwer, passende und bezahlbare Räumlichkeiten für ihre Ideen zu finden”, konstatiert die gebürtige Thüringerin. “Blank soll hier als Vermittler agieren, freie Flächen und Räume aufspüren und sichtbar machen. So können wir als Stadt sicherstellen, dass leere Ressourcen, auch außerhalb des Zentrums, genutzt werden, anstatt leer und unbemerkt zu bleiben. Das soll nicht nur nachhaltig die Attraktivität und Anziehungskraft aller Stadtteile, sondern auch die Kreativszene in Jena perspektivisch stärker, vernetzter und bunter machen.” Katrin Hitziggrad, die die letzten Jahre für ein Wohnungsunternehmen gearbeitet hat und Expertise im Immobilien-Marketing mitbringt, beschäftigt sich schon seit über vier Jahren mit dem Thema Leerstand in Jena und wie man diesen für soziokulturelle Akteure und die Kreativbranche nutzbar machen kann: “Vor einigen Jahren habe ich in meiner freien Zeit mit anderen engagierten Leuten an einem Projekt mit dem Titel Lost Places gearbeitet. Mittels einer Foto-Ausstellung haben wir auf leere Räume und Gebäude sowie ihre Geschichte aufmerksam gemacht. Mir wurde schnell klar, dass ich diese Stadt mitgestalten will und diese Räume beleben möchte. Die Frage war nur noch: Wie kommt man als Akteur in der freien Szene an diese Räume bezahlbar heran? Seit April habe ich durch die Projektstelle die Möglichkeit dazu, diese Fragen beantworten zu können und Raumnutzung konkret umzusetzen.” Es gibt freie Flächen, so Hitziggrad. Von brachen und ungenutzten Immobilien über Gewerbeflächen, aber auch Freiflächen: “Meist ist es für Freischaffende, Vereine oder Kollektive schwer, an den Immobilieneigentümer heranzukommen. Auf der anderen Seite ist es auch für Immobilienbesitzer nicht immer ganz einfach, einen Nachmieter zu finden. Daher übernimmt Blank die Vermittlung für die einzelnen Räume und die Sichtbarmachung auf der Plattform”, erklärt die Projektleiterin. “Die Zwischennutzung ist zeitlich begrenzt, jedoch können daraus auch dauerhafte Nutzungskonzepte entstehen. Die Raumnachfrage ist in vielerlei Hinsicht groß. Es werden Flächen von 20 Quadratmeter für eine Einzelperson bis 400 Quadratmetern für Kollektive und Soziale Projekte gesucht. Auch eine geteilte Nutzung ist möglich. Auf unserem schwarzen Brett auf der Webseite können sich Akteure der Kultur- und Kreativszene untereinander Räume für eine gemeinsame Nutzung zur Verfügung stellen.” Bisher haben sich auf diese Art und Weise schon mehrere Künstler und Künstlerinnen in Jena räumlich zueinander gefunden. Zudem konnten bereits Räume erfolgreich an Fotografen, aber auch Musiker und Vereine vermittelt werden. Katrin hat darüber hinaus einige Anfragen von weiteren Künstlern, aber auch von Kollektiven, Handwerkern, Vereinen, sozialen Projekten, Tanztheatern und Bewegungsgruppen bekommen. Im nächsten Jahr werden besonders die Freiflächen in den Fokus der Vermittlung gerückt werden: “Die Corona-Pandemie hat nochmal deutlich gemacht, wie wichtig auch die Verfügbarkeit von Freiflächen für Veranstaltungen im Außenbereich ist, um genügend Raum für Personen durch die Hygienekonzepte bereit zu stellen.”

Die Vermittlung der Räume ist dabei nicht nur mit viel kommunikativer, sondern auch mit Recherchearbeit verbunden, erzählt die Projektleiterin: “Es geht auch immer darum, den Raum und seine Geschichte kennen zu lernen: Wofür wurde der Raum ursprünglich genutzt, wie oft wurde er verändert, was sollte hier einmal ursprünglich entstehen? Dabei bin ich mit Eigentümern schon vor der Vermittlung des Raumes im Gespräch. Viele Immobilieneigentümer haben das Thema der Zwischennutzung noch gar nicht auf dem Schirm. Unsere Aufgabe ist es zunächst, diese für das Thema zu sensibilisieren und über den Bedarf und die Möglichkeiten zu informieren”, so Hitziggrad.Das Angebot sei daher sowohl für die Suchenden, als auch für die Bietenden kostenfrei. Doch wie kommt nun eine Vermittlung überhaupt zustande? “Sucht ein Akteur oder eine Akteurin einen Raum für seine oder ihre Ideen und Projekte, stellt er oder sie vorerst eine Anfrage an uns. In einem Gespräch lerne ich die Raumanforderungen und die Konzeptidee besser kennen. Nicht jede Idee ist in jedem Raum oder an jedem Ort möglich. Dann kann ich entscheiden, welcher Raum mit welchen Bedingungen am besten geeignet wäre. Andersherum, wenn jemand einen Raum anbietet, wird der Ort geprüft: Funktioniert die Technik noch, müssen Renovierungsarbeiten vorgenommen werden? Ich betrachte jeden Ort individuell und lasse ihn dabei auf mich wirken.” Das Thema der Zwischennutzung soll in Jena perspektivisch auch räumlich ausgebaut werden. Die Idee ist ein Komplex mit vielen Kreativräumen, in dem Akteure und Akteurinnen arbeiten und wirken können. Zudem ist eine Vernetzung sowohl in der freien Szene, aber auch zwischen den Immobilieneigentümern geplant. Katrin Hitziggrad vernetzt sich dazu mit ähnlichen Initiativen und Projekten, die sich mit dem Thema Leerraum in Städten in ganz Deutschland beschäftigen. Die Webseite und das Projekt der Blank – Agentur für Zwischennutzung soll in Zukunft als Suche/Biete-Portal ausgebaut werden. “Durch Projekte wie Blank und ähnliche Initiativen in anderen Städten, bekommt das Thema Immobilie, das von Natur aus und wie der Name schon sagt, eigentlich im-mobil, also unbeweglich ist, eine ganz andere Dynamik. Räume können durch kreative Ideen und Konzepte in kürzester Zeit nachhaltig genutzt und wiederbelebt werden”, so Katrin Hitziggrad, die als Mitgründerin des Coworking Spaces Leuchtturm in Jena bereits einen Leerraum erfolgreich mit Leben füllen konnte und damit eine “Keimzelle” für Ideen mitgestaltet hat. “Räume haben mich schon immer fasziniert und beschäftigt. Von Orten geht eine gewisse Anziehungskraft aus, die durch Belebung nicht nur die Stadt, sondern auch das Leben der Menschen darin aufwertet. Räume gehören zu unser aller Leben dazu, ob privat oder beruflich.” Katrins tägliche Motivation beginnt mit der Leidenschaft aus unbelebten und leeren Orten “Wirkungsstätten für großartige Menschen” zu machen, denn: Kreativität braucht Raum, um zu entstehen.

Räume können durch kreative Ideen und Konzepte in kürzester Zeit nachhaltig genutzt und wiederbelebt werden

Kontakt

Agentur für Zwischennutzung
Unterlauengasse 3
07743 Jena
zwischennutzung@buergerstiftung-jena.de
hitziggrad@buergerstiftung-jena.de

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