Hart am Wind auf Erfolgskurs

Kreativwirtschaft im Spannungsfeld der Digitalisierung

Das digitale Zeitalter fordert von Unternehmen nicht nur Kommunikationsstrategien für neue Medien. Vielmehr verlangt es eine Neuausrichtung bewährter Geschäftsmodelle und ein Umdenken in der Prozessgestaltung vom Innovationsmanagement über die Produktentwicklung bis zum Vertrieb. Zu diesen Herausforderungen stehen Unternehmen der Kreativwirtschaft in einem besonderen, spannungsgeladenen Verhältnis.
Einerseits hat die Welle der Digitalisierung klassische Geschäftsmodelle am Buch-, Presse- oder Musikmarkt schon ins Schlingern gebracht und revolutioniert, als andere Branchen sich auf dem analogen Kurs noch in sicherem Fahrwasser wähnten. Es gibt in der Kreativwirtschaft also einen Erfahrungsvorsprung mit dem Umsteuern auf rauher See.
Andererseits waren es Kreativunternehmer, die technologische Neuerungen frühzeitig adaptierten und so die Welle überhaupt ins Rollen brachten, um sie bis heute mit digitalen Innovationen immer höher aufzupeitschen. Ihr Alltagsgeschäft besteht darin, die Herausforderungen der Digitalisierung in neue Möglichkeiten und Marktchancen zu verwandeln. Es gilt, diese Fähigkeiten und Erfahrungen der Kreativwirtschaft generell ins Bewusstsein zu rücken, die Exzellenz der Thüringer Kreativunternehmen im Besonderen sichtbar zu machen und anderen Branchen den Zugang zu dieser Ressource im Freistaat zu ebnen.

 

Halsen und Wenden im Geschäftsmodell

Vernetzung für Erfahrungsaustausch und Sichtbarkeit

Kreativunternehmer nähern sich einem Problem mit schöpferischen Kompetenzen. Häufig sind sie dabei Grenzgänger an den Schnittstellen zwischen Kultur, Wirtschaft, Technologie und Gesellschaft. In einem hochgradig dynamischen und daher oft unsicheren Marktumfeld stützen sie sich auf ihre Innovationsfähigkeit und ihre hohe Motivation, auf Veränderungen mit neuen Lösungen zu antworten. Diese Übertragung aus dem kreativ-schöpferischen Prozess auf Fragen der Wertschöpfung und Markterschließung sind Grundvoraussetzungen für ihren unternehmerischen Erfolg. Das gilt besonders dort, wo klassische Vermarktungs
strategien im Zuge der Digitalisierung zu Sackgassen werden und mit Kompass und Machete nach neuen Wegen gesucht werden muss.

Als Partner der Thüringer Kreativwirtschaft flankiert die Thüringer Agentur für die Kreativwirtschaft (THAK) diese Expeditionen. Mit ihren Workshopreihen Puls und Impuls und ihren Vernetzungsformaten wie konTHAKt schafft sie themenbezogen Anlässe für Begegnungen auf Augenhöhe, um die spezifischen Stärken der Branchenakteure auszubauen, bestehende Netzwerke weiter zu verdichten und den kollegialen Erfahrungsaustausch zu befördern. Der Fokus richtet sich darauf, schöpferische und wertschöpferische Kompetenzen gewinnbringend miteinander zu verzahnen und von denen zu lernen, die dies am besten beherrschen: von den Kollegen aus der eigenen Branche, die in Thüringen eine enorme kreativwirtschaftliche Qualität auf sich vereinen.
Das Herzstück der Kreativwirtschaft sind die vielen Klein- und Kleinstunternehmen. Bundesweit zählen 97 Prozent aller Unternehmen der Branche in diese Kategorie. Das ist nicht nur eine statistische Feststellung, sondern zugleich ein strategisches Dilemma. Denn aufgrund dieser Kleinteiligkeit und Vielfalt taucht auch die Thüringer Kreativwirtschaft häufig unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung hindurch. Zugleich hat sie mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass die Kompetenz in diesem Themenfeld in den vermeintlichen Kreativmetropolen beheimatet ist. Doch es zeigt sich, dass sich entlang der Thüringer Städtekette und selbst in ländlichen Regionen kompetente, grundsolide und seit vielen Jahren erfolgreiche Kreativunternehmen etabliert haben, die den qualitativen Vergleich mit ihren Kollegen aus Hamburg, Berlin oder Leipzig nicht zu scheuen brauchen. Zwar sind die Auftragsbücher dieser Unternehmen gut gefüllt – noch allerdings zu selten mit Aufträgen aus der Thüringer Unternehmerlandschaft.

 

Kreative als Lotsen in digitale Welten

Branchenübergreifende Zusammenarbeit für mehr Innovation

Die Welle der Digitalisierung erfasst nahezu alle Lebensbereiche. Unter dem Stichwort Internet der Dinge verschmelzen virtuelle und physische Welten miteinander. Erst wenn beide Bereiche nicht mehr als gegensätzlich verstanden werden, können aus Herausforderungen des digitalen Wandels Wettbewerbsvorteile für die Thüringer Wirtschaft erwachsen. Dafür sind Innovationen notwendig, insbesondere in Gestalt neuer Geschäftsmodelle. Innovationen entstehen jedoch selten im Alleingang. Sie entstehen dort, wo ausgetretene Pfade verlassen werden und der Blick über den eigenen Horizont hinausreicht. Dafür sind Interdisziplinarität und Kooperation die Schlüsselwörter. Kreativunternehmer qualifizieren sich in besonderer Weise als Partner im Innovationsprozess. Während gerade kleine und mittlere Unternehmen anderer Branchen aus wirtschaftlichen Gründen dazu tendieren, die Bandbreite möglicher Lösungsstrategien zu verengen, gehört es zum elementaren Repertoire von Kreativschaffenden, den Möglichkeitsraum zu weiten. Um diese Komplementärkompetenzen auf ein gemeinsames Ziel auszurichten, wirbt die THAK für mehr branchenübergreifende Zusammenarbeit.

Es gilt, die Innovationspotenziale der Thüringer Kreativwirtschaft stärker als bisher für die Gesamtwirtschaft sichtbar und nutzbar zu machen.

Die Möglichkeiten dafür sind vielfältig und oft überraschend. In ihrer Rubrik Brückenbauer durchleuchtet die THAK Beispiele solcher Kooperationen und zeigt dabei sowohl die positiven Effekte als auch die Schwierigkeiten einer branchenübergreifenden Zusammenarbeit auf. Die Vorstellung, Kreativunternehmen in ihre sensiblen Prozesse einzubinden, ist für Unternehmer anderer Branchen noch oft befremdlich. Häufig ist gerade zu Beginn ein moderierender Übersetzer hilfreich. Im THAK Labor, einem interdisziplinären Workshopformat, erhalten Unternehmer beider Seiten die Möglichkeit, ein gegenseitiges Verständnis für die Denk- und Arbeitsweisen des jeweils Anderen zu entwickeln.

Diese Begegnungen können Ausgangspunkt einer andauernden Innovationspartnerschaft sein. Dabei zeigt sich, dass die räumliche Nähe der Thüringer Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bietet. Sie ermöglicht, über unternehmenskulturelle und disziplinäre Barrieren hinweg, enge und tragfähige Beziehungen aufzubauen. Denn wenn sich zwei Experten aus unterschiedlichen Branchen begegnen, kommt es leicht zu Verständigungsproblemen und Vorurteilen. Bietet sich hingegen, durch räumliche Nähe begünstigt, die Chance, sich eingehender kennenzulernen, wird aus dem “seltsamen Nerd” ein professioneller Ideengeber und aus dem “engstirnigen Ingenieur” ein anerkannter Experte seines Fachs. Aus dem Relaunch eines Corporate Designs oder der Konzeption einer Social Media Strategie kann so eine Komplizenschaft zwischen Kreativunternehmen und Unternehmen anderer Branchen erwachsen, die gemeinsame Experimente wagen und out of the box denken. Dann werden die Chancen der Digitalisierung plötzlich weit über Kommunikationsstrategien für neue Medien hinaus genutzt.

 

Norman Schulz, Projektleiter der Thüringer Agentur für die Kreativwirtschaft (Bild: Sandro Jödicke)

 

 

 

 

 

 

 

 

Text: Norman Schulz

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