Thüringen und seine Landeshauptstadt als lebenswerten Ort zu präsentieren und “ein attraktiveres, nachhaltigeres Lebensumfeld für junge Menschen in den neuen Bundesländern, allen voran Erfurt, zu schaffen” – das sind die Visionen des “feelslike.erfurt“-Teams. Die digitale Plattform verbindet als “Lifestyle Magazin für Kultur und Leben in Erfurt” authentische Lokalgeschichten mit Tipps rund um Gastronomie, Kunst, Events, Sehenswürdigkeiten und Shopping. Nun wartet das dreiköpfige Team, bestehend aus der Chefredakteurin Anika Luthardt, Luise Senneke (Redaktionsleiterin) und Lukas Schmidt (Marketing und Design), mit ihrem ersten analogen Produkt auf: dem Erlebniskoffer “erfurt.unboxed”. Neben der Belebung (noch) unbekannter Orte der Landeshauptstadt hat erfurt.unboxed zum Ziel, nachhaltige Erinnerungen durch interaktive Gadgets für Tourist:innen, Neuankömmlinge und Ur-Erfurter:innen zu schaffen. Wir wollten mehr über die Idee, den Entstehungsprozess und die Gestaltung erfahren und haben uns mit Anika zu heißem Kaffee und Gebäck verabredet.
“Wir haben schon länger über ein analoges Produkt nachgedacht.” Anika Luthardt sitzt mir im Café Nomad in der Erfurter Johannesstraße gegenüber. Draußen plätschert der Sommerregen, während drinnen der Raum vom Geruch frischer Zimtschnecken und Kaffee erfüllt ist. Anika lächelt mich an. Sie ist stolz auf ihr neues Produkt erfurt.unboxed, an dem sie und ihr Team über ein Jahr getüftelt haben.
Die freiberufliche Texterin und Autorin ist Chefredakteurin des Online-Magazins feelslike.erfurt, das in facettenreichen Artikeln Erfurt und die umliegenden Regionen für junge Menschen als lebens-, liebens- und vor allem bleibenswerte Orte präsentiert und lokale Akteur:innen in den Fokus rückt. Die Inhalte des Magazins sind bis dato ausschließlich online verfügbar – dabei träumt Anika, die im August 2022 zusammen mit Jessika Fichtel den Reisebegleiter “Glücksorte im Thüringer Wald” herausgebracht hat, schon länger davon, die Inhalte von feelslike.erfurt in einer besonderen Form zu analogisieren.
“Bei unseren Überlegungen wurde uns schnell klar, dass das Magazin in gedruckter Form nicht sehr innovativ ist. Wir wollten etwas erschaffen, das einen Mehrwert bietet und besondere Momente schafft”, erklärt sich die gebürtige Sonnebergerin, die seit einigen Jahren in Erfurt lebt.
“Bei unseren Überlegungen wurde uns schnell klar, dass das Magazin in gedruckter Form nicht sehr innovativ ist. Wir wollten etwas erschaffen, das einen Mehrwert bietet und besondere Momente schafft”
Nun entdecke ich zu ihren Füßen erstmals eine große Tasche. Darin enthalten: der erste Prototyp der erfurt.unboxed-Box. “Lukas hatte schließlich die Idee zu einer Stadttour-Box, in der wir unsere ganz persönlichen Erfurt-Tipps sowie besondere Orte, Cafés, Läden und kulturelle Highlights bündeln.
Wichtig war uns, dass die Anwender:innen – egal ob Kurzreisende, Studierende, frisch Zugezogene oder Ur-Erfurter:innen – nicht nur Kilometer schrubben, sondern durch interaktive Erlebnisse die Stadt aus einer ganz individuellen Perspektive (zusammen oder alleine) kennenlernen. Ganz im Sinne des slow travelings schaffen wir vor allem Aufmerksamkeit für die kleinen Dinge und bisher noch nicht so stark frequentierten Orte.“
Apropos schöne Erinnerungen: Die Box kommt in Gestalt eines kleinen Reisekoffers daher und weckt in mir sofort Erinnerungen an meine Kindheit. “Der Reisekoffer als Form hat nicht nur einen symbolischen, sondern auch einen praktikablen Aspekt, da man ihn entspannt während seiner Tour durch Erfurt tragen kann. Es gibt bereits ähnliche Produkte auf dem Markt, aber keines in einer Gestaltungsform wie dieser”, erklärt mir Anika, die in Designfragen mit den Erfurter Papeterie-Expert:innen von Qnik kooperiert hat. “Claudia Beck und Nico Reinhardt von Qnik haben schon viele Jahre Erfahrung mit hochwertigen Papierprodukten und -designs. Die beiden haben mich von Anfang an als Kooperationspartner:innen unterstützt. Sie werden auch die ersten Händler:innen sein, die die Box verkaufen”, meint Anika stolz, während sie den Koffer öffnet und mir seine einzelnen Bestandteile erklärt. In erfurt.unboxed sind ein interaktiver Reiseführer mit Texten von Luise Senneke und Anika Luthardt, Illustrationen der Bauhaus-Studentin Anna Disser, Umschläge mit Postkarten, Geschenke aus Papier und kleine Schachteln enthalten: “In den Schachteln des Koffers finden Erfurt-Entdecker:innen verschiedene Highlights und Gegenstände, die zu den einmaligen Erlebnissen in der Stadt beitragen. Qnik hat hier zum Beispiel die goldene Puffbohne beigesteuert, die man nach seinem Besuch in Erfurt einpflanzen und wachsen sehen kann. Ansonsten finden sich hier Würfel, mit denen man sich die Domstufen hochwürfeln kann oder kleine Gläser für die Erfurter Heilquelle, die sich ebenfalls im Reiseführer befindet.”
Nach unserem Cafébesuch werden wir auch noch die beiden Designer:innen von Qnik zum Gespräch bitten. Aber zunächst wartet die verbleibende halbe Tasse Kaffee auf uns und heiße Zimtschnecken, die uns eben auf den Tisch gestellt werden. Ich möchte mehr über die Motivation zur Entwicklung der Box von Anika erfahren. Was macht das Designprodukt erfurt.unboxed inhaltlich so besonders und wie kann es zur kreativen Gestaltung der Innenstadt beitragen?
“Unser Produkt bringt viele Alleinstellungsmerkmale mit, die andere nicht berücksichtigen.” Anika und ihr Team von feelslike.erfurt setzen den Fokus der Traveljourney auf das Gefühl der Reisenden – wo herkömmliche Reiseführer eher wie eine Abhak-Liste der Sehenswürdigkeiten fungieren, möchte erfurt.unboxed das sogenannte “slow travelling” fördern: “Im Buch ist bei jedem Ort Platz für ein eigenes kleines Reisetagebuch, um eigene Eindrücke und die schönsten Momente festhalten zu können. Zudem war es mir wichtig, Orte mit aufzuführen, an die man nicht gleich denkt, wenn man Erfurt hört. Hierzu gehören vor allem Locations außerhalb des Stadtzentrums, aber auch kleine Details, wie die Heilquelle, der Rosengarten im Augustinerkloster, wohin ich mich selbst gerne zum Schreiben zurückziehe oder kulturelle Orte, wie das Alte Schauspielhaus.
Es ging uns primär darum, die Möglichkeit zu schaffen, die Stadt auf eine andere Art zu erleben, sowie die Menschen, die sich hier für Vielfalt und Kultur engagieren, kennenzulernen.“ Als Anika vor ein paar Jahren nach Erfurt zog, wurde sie bei ihren Touren durch die Stadt selbst oftmals überrascht: “Die Stadt hat neben dem Dom und der Krämerbrücke noch so viel mehr zu bieten. Das möchte ich auch anderen Menschen zeigen, die sich für eine Reise in die Landeshauptstadt entscheiden. Als ich selbst nach meinem Studium von Leipzig nach Erfurt gezogen bin, habe ich seine verborgene Schönheit schnell erkannt und gespürt, dass ich mich gemeinsam mit dieser Stadt kreativ entfalten und entwickeln kann. Die Menschen mit denen ich Interviews führe – Ladenbesitzer, Kunst- und Kulturschaffende, Gründerinnen – inspirieren mich sehr, bewegen mich selbst zum Bleiben und womöglich auch andere. Mein Wunsch ist es, mit erfurt.unboxed verborgene Orte in der Stadt zu beleben und so etwas zur kreativen Mitgestaltung Erfurts beizutragen.”
Wir verlassen das Café. Der zweite Teil des Interviews findet in der Qnik Papeterie auf der Krämerbrücke statt. Claudia und Nico empfangen uns herzlich mit bunter Brause. Die beiden Designer:innen haben sich seit einigen Jahren auf Papierprodukte voller Farbe, Freude und Lebendigkeit spezialisiert. In ihrem Laden und im Online-Shop verkaufen sie Konfetti, Girlanden, Pinatas, Karten, Schreibwaren, Interieur und vieles mehr aus eigener Produktion. “Anika und wir sind seit einigen Jahren gute Freunde. Wir reden viel über unsere neuen Projekte und inspirieren uns oft gegenseitig. Als Anika mit der Idee von erfurt.unboxed zu uns kam, war schnell klar, dass das das perfekte Papierprodukt ist. So konnten wir uns mit unserer Expertise gut einbringen”, resümiert Claudia, die mit ihrer knallbunten Bluse optisch wunderbar mit dem Hintergrund der fröhlich leuchtenden Farben im Laden harmoniert. Im Vergleich zu digitalen Reiseführern schaffe es die Box zudem, eine haptische Verbindung zum Nutzer oder zur Nutzerin aufzubauen. “Papier ist ein sehr sinnliches Material, das eine gewisse Wärme ausstrahlt. Zudem erzählt allein der Herstellungsprozess eine Geschichte. Das ist etwas völlig anderes als die Inhalte über eine App zu nutzen”, ergänzt Nico, der sich noch an die langen Brainstorming-Nächte für die Gestaltung der Box erinnert: “Wir saßen manchmal bis tief in die Nacht und haben zusammen mit Anika und Lukas an Ideen für die ideale Umsetzung der Box gefeilt.” Auch mir gefällt der Aspekt, dass es kein digitales Produkt ist. Weg vom Smartphone und den Blick auf das Wesentliche richten. Schön auch, dass bei einem analogen Produkt die Möglichkeit besteht, es nach Benutzung weiterzugeben. “Ich stelle mir vor, dass Student:innen-WGs erfurt.unboxed miteinander teilen und gemeinsam etwas Neues erleben”, klinkt sich Anika ein. Sie habe aber auch Firmen im Sinn, die die Box für Teambuilding-Aktionen nutzen könnten.
“Mein Wunsch ist es, mit erfurt.unboxed verborgene Orte in der Stadt zu beleben und so etwas zur kreativen Mitgestaltung Erfurts beizutragen”
Doch wie finanziert sich das Ganze, frage ich mich, nachdem ich den schon sehr hochwertigen ersten Prototypen der erfurt.unboxed-Box betrachte. ”Vor Kurzem haben wir ein Imagevideo für die Crowdfunding-Kampagne mit dem Team von very&media gedreht, um die Produktion der Box zu finanzieren. Wird diese erfolgreich abgeschlossen, sehen wir uns im Dezember im Erfurter Pop-Up-Store F11, wo wir das Produkt präsentieren wollen sowie auch verschiedene Veranstaltungen, wie Paneldiskussionen zu journalistischen und touristischen Themen sowie Netzwerkabende anbieten möchten.” Anfang Oktober ist das Crowdfunding für die erste Auflage der erfurt.unboxed gestartet: Wer also Lust bekommen hat, Möglichmacher:in zu werden, der kann ab sofort einen freien Betrag spenden, damit es bald heißt: Auf die Plätze, fertig, erfurt.unboxed!
Kontakt
feelslike.erfurt
www.feels-like-erfurt.de
Mail: info@feels-like-erfurt.de
Instagram: @feelslikeerfurt
Facebook: Feels like Erfurt
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