Wie lässt sich eine neue Stadt besser erkunden, als durch die Augen von Einheimischen? Die liebevoll gestaltete Erfurter Stadtkarte USE-IT, die engagierte Thüringer Kreativschaffende und sieben Mitglieder des Erfurter Kulturvereins nochson e.V. entwickelt haben, enthält neben einzigartigen Geheimtipps zu Cafés, Kultur- und Kreativorten, Shoppinglocations und Lieblingsorten auch Geschichtliches und Infos über Initiativen, für die es sich lohnt, aktiv zu werden. Seit Mitte Januar ist die Faltkarte zunächst an ausgewählten Orten in Erfurt in deutscher und in englischer Sprache kostenfrei erhältlich. Wir wollten mehr darüber erfahren und haben uns mit dem Projektteam via Zoom zum digitalen Talk getroffen.
Wie hat sich die Idee zur Stadtkarte entwickelt?
Ernestine Donnerberg (Illustration und Kartografie): Die USE-IT-Stadtkarte ist mir erstmals selbst beim Reisen in einem Hostel in Belgien begegnet und hat meine Städtetour durch die Insider-Tipps wirklich einmalig gemacht. Mit der Karte konnte ich tolle Galerien, Bars und Restaurants entdecken. Ich dachte gleich: Schade, dass es das nicht auch für Erfurt gibt und habe die Idee bei unserem nächsten Vereinstreffen angesprochen, woraufhin schnell große Begeisterung und Lust für eine zeitnahe Konzeption und Umsetzung aufkam. Bei der Recherche für die Inhalte wurde uns als Locals sogar mal wieder bewusst, wie vielfältig, besonders und kreativ unsere schöne Stadt doch ist.
Theresa Kroemer (Projektkoordinatorin): Anderthalb Jahre haben Texter Kay Albrecht, Layouterin Lena Haubner, Illustratorin Ernestine Donnerberg, die Lektoren Konrad Jandavs und Heidi Stecker, die Übersetzerin Lydia-Marie Lafforgue und Maren Faulnborn, Karolin Hertlein sowie Antje Stiller (Projektmitarbeit) und ich nun an der Umsetzung gearbeitet. Seit Mitte Januar 2022 verteilen wir die Karten an ausgewählten Orten in Erfurt. Die englischen USE-IT-Stadtkarten sind an das gleichnamige internationale Netzwerk angegliedert, das sich jungen Reisenden verschrieben hat und in insgesamt 29 Städten, wie zum Beispiel Paris, Graz, Lille, Ljubljana und Oslo, zu authentischen Erkundungstouren einlädt.
Alle Faltkarten entstehen in enger Zusammenarbeit mit dem USE-IT-Netzwerk, sind aber inhaltlich und gestalterisch frei von Einheimischen kuratiert. Das Projekt für Erfurt wurde in der Erstauflage durch den Fonds Soziokultur aus dem Programm der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) NEUSTART KULTUR, durch Lottomittel des Freistaats Thüringen und durch die Stadt Erfurt im Rahmen der Projektförderung im Bereich Breitenkultur gefördert. Aktuell sind wir erneut auf der Suche nach Fördermittel-Möglichkeiten für die zweite geplante Auflage in Höhe von weiteren 30.000 Stück.
Was kann man durch die USE-IT-Stadtkarte alles entdecken?
Maren Faulnborn (Projektmitarbeit): Coole Graffiti-Orte, Cafés, in denen die Kreativen abhängen, schummrige Bars, von Locals geführte Bistros, schnuckelige Buchläden und bunte Kulturstätten – die Faltkarte enthält lokale Geheimtipps, die wir im Recherche-Team und mittels einer Umfrage mit Erfurtern und Erfurterinnen eruiert haben. Sie führt auf amüsante Art und Weise direkt zu Orten, an denen das Leben der Stadt pulsiert – fernab von klassischen Pfaden gängiger Reiseführer wird so eine authentische Stadterfahrung möglich.
Theresa Kroemer (Projektkoordinatorin): Die Faltkarte beinhaltet außerdem die von Illustrationen begleiteten Rubriken “Erfurt kurz & knackig”, “Infos & Tipps”, “5 Minuten Geschichte”, “Verborgenes”, “Events” und “Ausflüge ins Umland”, die auch für Ortskundige die ein oder andere Überraschung bieten. Außerdem verraten sechs Locals ihre persönlichen Erfurt-Tipps. Erfurter Instagram-Kanäle ergänzen die wohlwollende Karte. Zudem lockt USE-IT zu Orten am Stadtrand, die man sonst nicht entdecken würde, wie der Kleinen Rampe am Zughafen oder der Saline 34.
Welches gestalterische Idee steckt hinter der Karte?
Ernestine Donnerberg (Illustration und Kartografie): Wir haben lange überlegt, welches farbliche Konzept Erfurt ausmacht und wollten das klassische Rot des Erfurter Wappens mit einbringen, dieses aber auch durch neue Farbkomponenten auffrischen. So kontrastiert Rot mit dem klassischen Waidblau und Senfgelb, das an den Thüringer Senf, aber auch das Puffbohnen-Logo erinnert. Das mittelalterliche Erfurt wird durch entsprechende Schriftarten dargestellt, aber auch durch moderne Typografie gebrochen.
„Die USE-IT-Stadtkarte soll die lokale Vernetzung fördern, aber auch – in Anbindung an das USE-IT-Netzwerk – zur internationalen Vernetzung zwischen den beteiligten Städten und der Sichtbarkeit der Stadt Erfurt beitragen„
Illustrativ finden sich alte Denkmäler und Kirchen neben markanten Plattenbauten, Graffiti-Orten und hippen Cafés wieder, die den Facettenreichtum der Stadt wiederspiegeln und der in einem jugendlich-frischen Gestaltungskonzept eingebettet ist.
Maren Faulnborn (Projektmitarbeit): Die Faltkarte wird durch die Gestaltung und gepaart mit wertvollen Informationen eher zu einem illustrativen Reiseführer, der selbst einen Souvenircharakter hat und den man gerne weitergibt. Dieser Vorteil ergibt sich natürlich auch durch die analoge Karte, die eine schönere Alternative zum Navigieren durch unbekannte Städte mit dem Smartphone bietet.
Welches Ziel verfolgt ihr mit der Stadtkarte der besonderen Art?
Lena Haubner (Layout & Lettering): Die Zielgruppe der Stadtkarte sind nicht nur Wochenend-Besucher und -Besucherinnen, sondern auch zugezogene Neuankömmlinge und Erfurterinnen und Erfurter, die ihre Stadt so als lebenswerten Ort entdecken möchten. Aus diesem Grund haben wir neben ausgewählten Kartenausschnitten auch ansässige Projekte und Initiativen integriert. Die Karte fungiert somit als Plattform für Projekte, Veranstaltungsorte und Treffpunkte.
Theresa Kroemer (Projektkoordinatorin): Durch die Faltkarte erhoffen wir uns, die individuelle Verbundenheit zur Stadt zu steigern und die Menschen dazu zu inspirieren, kreativ tätig zu werden. Die USE-IT-Stadtkarte soll die lokale Vernetzung fördern, aber auch – in Anbindung an das USE-IT-Netzwerk – zur internationalen Vernetzung zwischen den beteiligten Städten und der Sichtbarkeit der Stadt Erfurt beitragen. Außerdem wollen wir durch den Hinweis auf die Website und App Wheelmap im Intro auf Barrieren in Erfurt aufmerksam machen. So kann mit Hilfe eines einfachen Ampelsystems die Barrierefreiheit dokumentiert werden – beispielsweise Rollstuhlfahrende können so ihren Alltag besser planen.
Ernestine Donnerberg (Illustration und Kartografie): Wir möchten durch die Karte die Menschen von den klassischen Einkaufsstraßen und Touristenmeilen hin zu den einzigartigen Orten der Stadt locken. Ziel ist es, dass die lokal geführten Unternehmen dadurch mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung erfahren. Die kleinen Cafés, Bars, Konzertkeller, Kreativorte und die Kunst sind doch am Ende die Dinge, die unser Erfurt so herzlich und lebendig machen.
Kontakt
Mail: info@nochsonverein.de
@use_it_erfurt
@nochson_e_v
Innenstadt Spezial-Reihe
Die Innenstadt ist das pulsierende Herz jeder Stadt. Kommunikativ und sozial. Ein verändertes Kundenverhalten, der Online-Handel, neue Arbeitswelten und nicht zuletzt die Corona-Pandemie stellen Innenstädte vor neue Herausforderungen. Doch diese Entwicklungen bergen auch Potential. Frische, innovative und kreative Ideen und Konzepte können Stadtzentren neues Leben einhauchen und sie zu zukunftsfähigen Orten der Produktion, Innovation, der Begegnung und des Erlebens machen. Kreativschaffende, deren Kernkompetenz im Hinterfragen von Bestehendem und dem Gestalten von Neuem liegt, können dabei verlässliche Begleiter beim positiven Wandel der Städte sein. Daher stellen wir Ihnen in unserer Innenstadt Spezial-Reihe innovative Konzepte, Projekte und Initiativen vor, die sich jenem positiven Wandel der Städte verschrieben haben. Lernen Sie auf dem THAK Blog Impulsgeber und nicht zuletzt auch Kreateure von attraktiven Produkten, interessanten Konzepten, digitalen Plattformen oder anziehender Kunst im öffentlichen Raum kennen.
Beitragsbild: Anja Feßer – Hellbunt Fotografie
Headerbild: THAK
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